Prämie bei Geburt behinderter Kinder
Zuerst die Peitsche, nun das Zuckerbrot. Nachdem eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes gescheitert war, versucht es die polnische Regierung nun mit Prämien. Würde eine Frau nach einer Vergewaltigung austragen, so bekäme sie als einmalige Entlohnung 4000 Zloty (924 Euro) vom Staat. So der Vorschlag von Piotr Uscinski, ein Abgeordneter der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), der an dem Hilfsprogramm "Für das Leben" arbeitet.
Ein Prämiengesetz zur Förderung von Geburten von Kindern mit Behinderung wurde bereits vom Sejm im Rahmen dieses Programms verabschiedet. Auch hier sollen einmalig 4000 Zloty gezahlt werden. Hinzu kommt noch ein Hilfspaket, das pränatale Untersuchungen, psychologische Betreuung und Hospiz-Aufenthalt einschließt. Die Schwangere muss jedoch die Behinderung des Kindes bis zur zehnten Schwangerschaftswoche nachweisen. "Ihr wollt die Frauen kaufen. Schämt euch!", meinte im Sejm Joanna Augustynowska von der liberalen Partei "Modernes Polen".
Laut polnischer Rechtssprechung kann eine Abtreibung nur vorgenommen werden, wenn bei einer Geburt die Gesundheit der Mutter stark beeinträchtigt wird, mit einer schweren Behinderung des Kindes zu rechnen ist oder nach einer Vergewaltigung. Das Totalverbot der Abtreibung, das die Kirche und Abtreibungsgegner forderten, wurde durch Massenproteste der Frauen Anfang Oktober verhindert, Parteichef Jaroslaw Kaczynski ließ die Verhandlungen abbrechen.
Gesetzesverschärfung droht
Allerdings plant Kaczynski, dem mehr Macht als der Premierministerin Beata Szydlo nachgesagt wird, auch eine Gesetzesänderung. Behinderte Kinder sollen auf die Welt kommen, damit sie getauft und beerdigt werden können, so seine Äußerung. Liberale Kritiker fürchten, dass das verabschiedete Hilfsprogramm eine Art Einleitung für einen neuen Anlauf darstellt, die Gesetze zu verschärfen. Zumal die Aktivisten von "Pro Life" unzufrieden mit dem Vorstoß der PiS sind, sie fordern absoluten Rechtsschutz für jedes Kind. Auch der Warschauer Erzbischof Kazimierz Nycz erklärte, dass die Kirche keinen Kompromiss akzeptiere.
Die Mütter mit behinderten Kindern sind ebenfalls aufgebracht, da die einmalige staatliche Unterstützung nicht ausreichen würde. Großes Aufsehen erregte dieses Thema, als Eltern mit ihren behinderten Kindern vor zwei Jahren tagelang im Sejm campierten, um die damalige liberal-konservative Regierung unter Druck zu setzen. Nun erwarten sie auch von der PiS mehr Hilfe. In Polen wurden 1812 offizielle Abtreibungen im Jahr 2014 vorgenommen. Die Dunkelziffer soll um vieles höher sein.