Politik/Ausland

Polen: Tausende demonstrierten Solidarität mit Homosexuellen

In mehreren Städten Polens sind am Samstag und Sonntag zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen, um ihre Solidarität mit Lesben, Schwulen und anderen sexuellen Minderheiten zu demonstrieren. Anlass der Kundgebungen waren gewaltsame Übergriffe rechtsradikaler Schläger auf eine Regenbogenparade in Bialystok eine Woche zuvor gewesen.

Die Angreifer hatten Steine und Flaschen in die Parade geworfen und deren Teilnehmer auch danach noch auf der Straße verfolgt, wie Augenzeugen später in TV-Berichten schilderten. "Sie wollten uns umbringen!", sagte eine Teilnehmerin der damaligen Parade eine Woche später in Warschau und kritisierte regierungsnahe Medien. Diese hätten die Gewalttaten so dargestellt, als wäre es nur um eine Auseinandersetzung zweier gegnerischer Gruppen gegangen, die beide gleich schuld seien. In Warschau versammelten sich am Samstag nach TV-Berichten mehr als tausend Menschen zu einer Solidaritätskundgebung.

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In Bialystok selbst organisierten am Sonntag mehrere Oppositionsparteien eine gemeinsame Protestversammlung gegen rechte Gewalt. Der als schwuler Ex-Bürgermeister der Stadt Slupsk bekannt gewordene Robert Biedron mahnte in seiner Rede: "Ich bin schwul, ich bin Atheist und ich vermeide Fleisch. Wenn in Polen die Braunen regieren würden, die vorige Woche gegen uns hetzten und Steine auf uns warfen, dann wäre hier kein Platz für Leute wie mich." Die Menschen guten Willens dürften solcher Gewalt aber nicht weichen, rief er und forderte "ein Polen, das die Heimat aller ist".

Erste Parade für Homosexuellen-Rechte

Die Gay-Pride-Parade in Bialystok vergangene Woche war das erste Mal, dass Menschen in der Stadt im Nordosten Polens für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen (LGBT) auf die Straße gingen. Die Demonstranten schwenkten Regenbogenfahnen und Transparente mit Aufschriften wie "Liebe ist keine Sünde". Katholische und nationalistische Gruppen organisierten rund 40 Gegenkundgebungen in Bialystok.

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Kirche verurteilte Angriffe

Polens katholische Bischofskonferenz hatte die Angriffe von Hooligans auf den ersten Marsch für Homosexuellen-Rechte in Bialystok verurteilt, wie die Kathpress meldete. "Gewalt und Verachtung können auf keinen Fall gerechtfertigt und akzeptiert werden", sagte ihr Sprecher Pawel Rytel-Andrianik. Aggressionen wie in Bialystok im Nordosten Polens müssten eindeutig abgelehnt werden.

Rytel-Andrianik zitierte den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki: "Diese Menschen sind nicht in erster Linie Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle - sie sind vor allem unsere Brüder und Schwestern, für die Christus sein Leben gab und die er zur Erlösung führen will." Gleichzeitig müsse man das ganze Evangelium verkünden und dürfe nicht aufhören, "das Todsünde zu nennen, was es im Kern ist".

Tusk machte Regierung mitverantwortlich

Innenministerin Elzbieta Witek betonte, die Polizei werde immer entschlossen auf Gesetzesverstöße reagieren: "Es gab und gibt keine Erlaubnis für rowdyhaftes Verhalten." EU-Ratspräsident Donald Tusk machte auf Twitter die polnische Regierung mitverantwortlich für die Ausschreitungen: "Hooligans, Antisemitismus, Homophobie - nichts Neues. Die Tragödie ist, dass die Macht ihr Patron ist."

Der Umgang mit der LGBT-Community ist in dem traditionell katholischen Land generell schlecht, gleichgeschlechtliche Lebensformen sind in Polen weitgehend tabuisiert, Homosexuelle werden drangsaliert. Der Chef von Polens rechtsnationalistischer Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, hatte Homosexuelle im April als "Bedrohung" für sein Land bezeichnet.