Politik/Ausland

Pizzagate: Trauriger Höhepunkt einer Desinformationskampagne

Er wollte sich selbst ein Bild machen, wird Edgar Maddison Welch später sagen. Um drei Uhr Nachmittag betritt der 28-Jährige vergangenen Sonntag mit einem Colt, Kaliber 38, bewaffnet ein kleines Restaurant im Nordwesten Washingtons. "Comet Ping Pong" heißt es, eine unscheinbare Pizzeria wie sie in den USA an jeder Ecke zu finden ist. Eigentlich.

Welch vermutet dahinter jedoch jenen Ort, von dem aus Hillary Clinton und ihr Wahlkampfchef John Podesta einen illegalen Kinderpornoring betreiben sollen. So steht es seit Monaten auf rechten Seiten und Foren geschrieben. Eine Falschmeldung, eine Lüge, eine üble Verschwörungstheorie, ganz offensichtlich. Eigentlich.

Und so findet Welch dann auch nur verängstigte Mitarbeiter, die aus dem Restaurant fliehen, als er zu schießen beginnt. Verletzt wird niemand, Welch schießt nur in die Luft. Es ist aber auch so der traurige Höhepunkt einer massiven Desinformationskampagne.

Zumindest war er das bis gestern. Bis Michael G. Flynn junior, Sohn des designierten Sicherheitsberaters des neuen US-Präsidenten und selbst Teil von Trumps Übergangsteam, den Zwischenfall aufgriff. "Bis sich #Pizzagate als falsch herausstellt, bleibt es eine Geschichte", schrieb er auf Twitter – und katapultierte damit die Fake News, die lange nur im diffusen digitalen Hintergrund blieben, mitten in die politische Arena.

Flynn junior ist inzwischen entlassen, als designierter Präsident kann Donald Trump die Methoden seines Wahlkampf-Teams und seiner Unterstützer, die mit ein Grund für seinen Wahlerfolg sind, nicht mehr unkommentiert lassen. Zweifel säen, wo keine sein sollten - das passt nicht mehr zum Amt des Präsidenten.

Dass das Thema damit beendet ist, darf bezweifelt werden. Auch der ältere Flynn, Trumps Sicherheitsberater ist bekannt für seine kontroversen Aussagen in Sozialen Medien. Der ehemalige Direktor der CIA und des Geheimdienstes NSA, Michael V. Hayden, meldete in der New York Times bereits Zweifel an. "Der Nationale Sicherheitsberater sollte einen mäßigenden Einfluss auf die Instinkte des Präsidenten haben. Wir werden sehen, ob Mike das leisten kann."

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