Grillos Bewegung lässt Italien zappeln
Während der Chef der 5-Sterne-Protestbewegung (M5S) Beppe Grillo seinen Gegnern wüste Schimpfwörter an den Kopf wirft, zieht im Hintergrund ein Mann die Fäden, der kaum in der Öffentlichkeit auftritt. Gianroberto Casaleggio gilt als der kühle Kopf hinter der Protestpartei, die von jedem vierten Italiener gewählt worden ist. Der 59-jährige Mailänder verweigert sich konsequent den Medien. Eine Taktik, die er auch den neu gewählten Parlamentariern vorschreibt.
Der Komiker Grillo ist einer, der instinktiv aus dem Bauchgefühl handelt. „Guru Casaleggio“ dagegen wird als ein „sehr kalter, gebildeter und intelligenter Mann“ beschrieben, der etwas „von Organisation und Politik versteht“. Von Grillos Alter Ego ist in der Öffentlichkeit bisher wenig bekannt. Er arbeitete bei Olivetti und gründete den Internetdienst Webegg. Heute besitzt er eine Agentur, die den Internetauftritt Grillos betreut. Die Webseite (beppegrillo.it) zählt zu den meistgelesenen Blogs in Italien.
Während des Wahlkampfes zeigte sich Casaleggio nur ein einziges Mal vor Hunderttausenden Fans bei der Abschlusskundgebung auf der Piazza San Giovanni in Rom: „Ich rede wenig“, sagte er selbst und erzählte knapp: „In diesen fünf Jahren haben ich und Beppe öfters einmal beschlossen, das Handtuch zu werfen. Als ich aufgeben wollte, war er nicht dazu bereit, und als er aufgeben wollte, wollte ich weitermachen. Und so haben wir es bis hierher geschafft.“ Der Informatiker ist davon überzeugt, dass das Internet in Zukunft die führende Rolle in Wirtschaft, Politik und Kultur spielen wird.
„Er verarscht alle“
Berüchtigt ist das autoritäre Verhalten des Computer-Experten. Er führe sich als „padre padrone“, als absoluter Herrscher auf, erzählen Insider. Wer es wagt, Casaleggio zu kritisieren, fliegt. So wie das M5S-Mitglied Giovanni Fava, der nach seinem Rauswurf einen beunruhigenden Blick hinter die Kulissen gewährt: „Casaleggio verarscht alle, er allein gibt die Richtlinie vor, die er nach Belieben verändert.“ Die gepriesene „horizontale Demokratie“ habe in der Bewegung in Wahrheit keinen Platz.
Das unberechenbare Verhalten des Duos Grillo-Casaleggio sorgt für Unruhe und Instabilität bei der künftigen Regierungsbildung. Dem Chef der stimmenstärksten Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, reißt langsam die Geduld, er stellte ein Ultimatum: „Grillo soll endlich sagen, was er tun will, ansonsten gehen wir alle nach Hause, er auch.“ Doch die Drohung, wenn Grillo die Zusammenarbeit verweigere, gebe es eben Neuwahlen , stößt bei der M5S-Partei, die einen kompletten Systemwandel und alle alten Politiker nach Hause schicken möchte, auf taube Ohren. Einige Punkte von Grillos Wahlprogramm würden dem Mitte-links-Bündnis entsprechen, andere nicht.
Gestern, Montag, trafen Grillo und Casaleggio die neu gewählten Grillo-Abgeordneten in Rom. Sie werden die Kommunikations- und Parteilinie vorgeben und möglicherweise einen Parteisprecher bestimmen.