Orban: "Ich habe eine lange Liste für Merkel"
Von Evelyn Peternel
Viele markige Worte, und vor allem sehr viel Einigkeit: CSU-Chef Horst Seehofer hat Ungarns Premier Viktor Orbán zu sich nach Bayern eingeladen – trotz massiver Kritik im Vorfeld. Die beiden verband dabei vor allem eines: ihre Kritik an Angela Merkels Flüchtlingspolitik.
„Moralischen Imperialismus“ warf der ungarische Staatschef der deutschen Kanzlerin vor – sie wolle ihm und anderen Ländern ihre Idee der Bewältigung zur Flüchtlingskrise aufdrängen. „Zwingen Sie uns nicht, uns zu ändern, die Ungarn wollen das nicht.“ Die gestern von den EU-Innenministern beschlossene Flüchtlingsquote sei so etwas; seine Vorstellungen seien andere: „Ich habe eine lange Liste für Merkel“, sagte er auf die Frage, was er sich aus Berlin wünsche.
Sechs-Punkte-Plan
Einige Details davon wird Orban Merkel heute persönlich beim Dinner der Staats- und Regierungschefs in Brüssel vortragen. Er stellte in Bayern, akkordiert mit der CSU, seinen Sechs-Punkte-Plan vor, der ein Drei-Milliarden-Euro-Programm der EU ebenso beinhaltet wie die Idee, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten bereits vor der Einreise in den Schengen-Raum zu trennen. Die Sicherung der griechischen Grenzen solle von den europäischen Ländern übernommen werden, die dazu bereit seien, meinte er - er selbst könne sich vorstellen, Militär nach Griechenland zu schicken. Zudem forderte er „Weltkontingente“, um die Flüchtlinge weltweit zu verteilen – wie genau dies vonstatten gehen solle, ließ er aber unerwähnt. Finanziell sieht sein Plan vor, dass jedes EU-Land ein Prozent seines BIP beitragen könne, um die Krise zu lösen.
CSU-Chef Horst Seehofer schloss sich inhaltlich seinem Kollegen aus Budapest an – auch in seiner Kritik, was die deutsche Kanzlerin – und somit seine Koalitionspartnerin angeht. „Orban hat Unterstützung verdient – vom Freistaat Bayern hat er diese“, sagte der CSU-Chef an Merkel gerichtet, die sich von Ungarns Politik ja scharf distanzierte. Derzeit gebe es weder „System noch Ordnung – übrigens durch eine deutsche Entscheidung“, legte er nach. Seine und Orbans Aufgabe sei es nun, diese wiederherzustellen – auch gegen den Willen Berlins, ließ er durchblicken.
Koalitions-Hickhack
Im Vorfeld des Treffens regten sich viele kritische Stimmen – vor allem aus der Opposition, aber auch vom Koalitionspartner SPD. "Mit der Einladung an Viktor Orbán fällt CSU-Chef Horst Seehofer abermals Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Rücken", sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi im Spiegel, Fraktionschef Oppermann zeigte sich „stark irritiert“: „Herr Orban tritt Menschenrechte mit Füßen, und Herr Seehofer rollt ihm den roten Teppich aus. Orban ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.“