Politik/Ausland

UN-Sicherheitsrat droht Nordkorea verschärfte Sanktionen an

Einen Monat nach seinem Atomtest hat Nordkorea eine Langstreckenrakete ins All geschossen und erneut weltweit Empörung ausgelöst. Die Rakete sei am Sonntagmorgen gegen 09.00 Uhr (Ortszeit, 01.30 Uhr MEZ) vom Stützpunkt Dongchang-ri abgefeuert worden, teilte das südkoreanische Verteidigungsministerium mit.

"Bedrohung des Weltfriedens"

Als Reaktion auf den neuerlichen Start der Langstreckenrakete hat der UN-Sicherheitsrat dem Land "einschneidende" Maßnahmen angedroht. Das UN-Gremium verurteilte den Abschuss am Sonntag einstimmig als "Bedrohung des Weltfriedens" und kündigte eine baldige Resolution mit Sanktionsbeschlüssen an. Erst vor einem Monat hatte Pjöngjang mit einem Atomwaffentest für Empörung gesorgt.

Der UN-Sicherheitsrat beriet seit Wochen über die Reaktion auf den Atomwaffentest, konnte sich aber wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und China nicht einigen. Nach dem Raketenstart beschloss der Sicherheitsrat nun, "schnell eine neue Resolution" zu den Sanktionen gegen Nordkorea zu verabschieden. Während die USA zusammen mit Japan und Südkorea auf eine Verschärfung der Sanktionen hinwirken, bleibt die chinesische Haltung abzuwarten.

Nordkorea verstieß gegen Resolutionen

Nordkorea habe gegen die bestehenden Resolutionen verstoßen, die dem Land alle Atomwaffentests und Versuche mit Langstreckenraketen untersagen, hieß es in der am Sonntag angenommenen Erklärung des UN-Sicherheitsrats.

Alle Inhalte anzeigen
Nach Angaben des nordkoreanischen Staatsfernsehens verlief der Abschuss der Rakete nach Plan. Die Trägerrakete habe den "Erdbeobachtungssatelliten Kwangmyong 4 erfolgreich in die Umlaufbahn gebracht", verkündete eine Nachrichtensprecherin. Machthaber Kim Jong-un erteilte demnach persönlich den Befehl zum Abschuss. Nordkorea habe das Recht, das Weltall "friedlich und unabhängig" zu nutzen, sagte die Sprecherin. Der Raketenstart sei aber auch ein "Durchbruch bei der Steigerung der nationalen Verteidigungsfähigkeiten".

Ein Vertreter der US-Armee sagte, dass die Rakete "anscheinend" das Weltall erreicht habe. Die internationale Gemeinschaft wertet den Start der Weltraumrakete als Schritt zur Entwicklung einer mit atomaren Sprengköpfen bestückbaren Interkontinentalrakete. US-Außenminister John Kerry sprach von einer "abscheulichen" Verletzung von UN-Resolutionen.

Steinmeier: "Verantwortungslose Provokation"

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warf Pjöngjang eine "verantwortungslose Provokation" vor. Diese "offene Herausforderung der Weltgemeinschaft" dürfe nicht ohne "spürbare Konsequenzen" bleiben, erklärte Steinmeier.

Die EU-Außenbeauftragte Ferderica Mogherini sprach von einer Bedrohung des "internationalen Friedens und der Stabilität in der Region". Nach Aussage von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verstieß die nordkoreanische Führung mit dem Raketentest gegen fünf UN-Resolutionen zu ihrem Atom- und Raketenprogramm.

Alle Inhalte anzeigen

Spannungen zwischen den koreanischen Halbinseln verschärfen sich

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel dürften sich nun weiter verschärfen. Seoul kündigte an, mit Washington über den Aufbau eines US-Raketenschilds in Südkorea zu verhandeln. China und Russland lehnen die Stationierung von Abwehrraketen in der Region vehement ab. Südkoreas Armeeführung kündigte außerdem ab, die nächste Militärübung mit den USA, die jedes Jahr den Zorn Nordkoreas hervorruft, werde diesmal größer ausfallen als je zuvor.

Raketenstart war Thema bei TV-Debatte

Nordkorea hatte am 6. Jänner die Zündung einer Wasserstoffbombe verkündet und damit weltweit Empörung hervorgerufen. Der vierte Atomwaffentest Nordkoreas seit dem Jahr 2006 wurde vom UN-Sicherheitsrat scharf verurteilt. Atomexperten und die US-Regierung bezweifelten allerdings, dass es sich tatsächlich um eine Wasserstoffbombe handelte. Die Explosion sei dafür nicht stark genug gewesen.

Der jüngste Raketenstart war auch Thema bei der TV-Debatte der republikanischen US-Präsidentschaftsbewerber. "Eine der ersten Sachen, die wir tun sollten, ist, unsere Fähigkeiten zur Raketenabwehr auszuweiten", forderte der erzkonservative Senator Ted Cruz. Der rechtspopulistische Geschäftsmann Donald Trump erklärte, er würde als Staatsoberhaupt den Druck auf China erhöhen, um Pjöngjang in die Schranken zu weisen: Peking habe "enorme Kontrolle" über Nordkorea.

Das politisch weitgehend isolierte Nordkorea ist nach Jahrzehnten kommunistischer Diktatur ein verarmter Staat, der sogar Hungersnöte kennt. An der Spitze der "Demokratischen Volksrepublik Korea" steht seit Ende 2011 Kim Jong-un, um den ein intensiver Personenkult betrieben wird. Bereits sein Vater Kim Jong-il und sein Großvater, der Staatsgründer Kim Il-sung, herrschten ähnlich über das Land.

Alle Medien in Nordkorea sind gleichgeschaltet. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin setzt die Führung auf "ideologische Erziehung" der Menschen und Abschottung gegen Ideen aus dem Ausland. Ein UNO-Bericht vom Februar 2014 warf Nordkorea schwere Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. So würden als unzuverlässig betrachtete Menschen gefoltert und als Arbeitssklaven in Straflagern missbraucht.

Atomtest im Jänner

Zudem beunruhigt Nordkoreas Atomprogramm die internationale Gemeinschaft seit vielen Jahren. Vier Atomtests hat es bisher gegeben, den bisher letzten im Jänner. Zum Waffenprogramm des Landes ist ansonsten aber relativ wenig bekannt. Als gesichert gilt, dass Nordkorea in kurzer Zeit einsatzbereite Atombomben herstellen kann. Diese potenzielle Fähigkeit haben auch mehrere Nicht-Atommächte. Ob Nordkorea auch seine ballistischen Raketen bereits mit entsprechend konfigurierten Atomsprengköpfen bestücken kann, ist unklar.