Politik/Ausland

Neuerliche Niederlage ändert nichts an Mays Brexit-Kurs

Die britische Premierministerin Theresa May will trotz der jüngsten Niederlage im Parlament an ihrem Brexit-Kurs festhalten. Das sagte die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin, Andrea Leadsom, am Freitag im BBC-Radio. Ein EU-Austritt ohne Abkommen (No Deal) solle auch weiterhin als Option offen bleiben, fügte sie hinzu.

Die Brexit-Hardliner in Mays konservativen Regierungspartei hatten ihr am Donnerstag bei einer Abstimmung über die weiteren Schritte im Brexit-Prozess die Gefolgschaft versagt. Sie fürchteten, May könne sich Forderungen beugen, ein ungeregeltes Ausscheiden aus der Staatengemeinschaft in jedem Fall zu verhindern.

Die Schlappe nagt an Mays Glaubwürdigkeit, bis zum Austrittsdatum am 29. März eine Mehrheit für den Mitte Jänner vom Parlament abgelehnten Brexit-Vertrag zusammenzubekommen. Trotzdem will die Regierungschefin weiterhin die EU zu Änderungen am Austrittsabkommen bewegen. "Die Premierministerin macht weiter. Sie wird weiterhin auf rechtlich verbindliche Änderungen am Backstop hinarbeiten, die dem Parlament erlauben, den Deal zu unterstützen", sagte Leadsom.

Backstop bleibt das Problem

Die als Backstop bezeichnete Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland gilt als Schlüsselproblem für eine Ratifizierung des Brexit-Abkommens. Sie sieht vor, dass Großbritannien solange in der Europäischen Zollunion bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Brexit-Hardliner fürchten aber, die Regelung könnte das Land dauerhaft eng an die EU binden und eine eigenständige Handelspolitik unterbinden.

Ende Jänner hatten die Abgeordneten May den Auftrag gegeben, den Backstop durch "alternative Regelungen" zu ersetzen. Die Premierministerin hatte sich zum Erstaunen Brüssels hinter den Antrag gestellt und war damit auf Schmusekurs zu den Brexit-Hardlinern gegangen. Die EU pocht auf den Backstop, weil sie sonst eine Rückkehr der Gewalt in der ehemaligen Bürgerkriegsregion befürchtet. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass Brüssel in der Frage nachgibt.

Telefonate mit Regierungschefs

May telefonierte am Donnerstag mit mehreren EU-Regierungschefs, darunter Angela Merkel und Sebastian Kurz. Nach Angaben des Sprechers von Kurz, Etienne Berchtold, ging es in dem Gespräch darum, wie ein No-Deal-Szenario, also ein Brexit ohne Abkommen, verhindert werden kann. May habe dabei auch eine mögliche Änderung am Backstop angesprochen, bestätigte der Sprecher. Das Telefonat habe während des Kanzlerbesuchs in Südkorea stattgefunden.

Sollte es bis zum Brexit-Datum nicht gelingen, das Abkommen zu ratifizieren, droht ein No-Deal-Brexit mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche. Den Brexit zu verschieben, lehnt die Regierung in London bisher vehement ab.

Die EU-Kommission wollte am Freitag Mays Abstimmungsniederlage nicht kommentieren. Ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nannte auch noch keinen Termin für den geplanten Besuch der Premierministerin in Brüssel. Brexit-Minister Stephen Barclay hatte am Donnerstag angekündigt, May werde nächste Woche erneut zu Juncker nach Brüssel reisen.

Am Montag will Barclay selbst weitere Gespräche mit EU-Unterhändler Michel Barnier führen. Zudem soll der britische Generalstaatsanwalt Jeffrey Cox nach Brüssel fahren. Er gilt als maßgeblich für die Einschätzung, in welcher Form Änderungen am Backstop rechtsverbindlich wären. Oppositionsführer Jeremy Corbyn, der sich für eine permanente Zollunion Großbritanniens mit der EU einsetzt, will am Donnerstag mit Barnier zusammentreffen.

Kritiker werfen May vor, die Gefahr eines ungeregelten Brexits als Druckmittel zu nutzen. Eine parteiübergreifende Gruppe von Abgeordneten plant daher, der Regierung bei der nächsten Abstimmungsrunde im Parlament am 27. Februar die Kontrolle über den Austrittsprozess zu entreißen. Der Plan sieht vor, May zum Verschieben des EU-Austritts zu zwingen, falls sie bis Mitte nächsten Monats keinen Erfolg mit ihrem Austrittsabkommen hat. Doch ob der Plan Erfolg haben wird, ist ungewiss.

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