Kleinschmidt: "Radikaler investieren"
Von Susanne Bobek
Flüchtlingsexperte Kilian Kleinschmidt glaubt nicht, dass die Türkei mit den geforderten drei Milliarden Euro, die Flüchtlingsströme nach Europa wird stoppen können. "Man muss endlich einmal begreifen, dass die Menschen dort vernünftig grundversorgt werden müssen." Derzeit haben die mehr als 2,2 Millionen Syrer, Iraker und Afghanen – genaue Zahlen gibt es nicht – in der Türkei nichts, sie kriegen keine Grundversorgung und dürfen auch nicht arbeiten.
Kleinschmidt verlangt eine Stabilitätspakt für den Nahen Osten. Für die jungen Flüchtlinge müsse man "radikal in Stipendien investieren", damit sie eine Ausbildung erhalten und Perspektiven finden. Die Infrastruktur müsste ausgebaut werden, die überforderten und total überlaufenen Städte und Gemeinden müssten in Wasser und Energie investieren können. "Es bedarf robuster Finanzierungen", sagt Kleinschmidt, der in Jordanien das Flüchtlingslager Zaatari geleitet hat. 1,8 Milliarden für Afrika seien ein Witz, "einfach lächerlich". Das würde keinen einzigen jungen Mann aufhalten, der Geld nach Hause schicken will, wenn er irgendwo Arbeit findet. Kleinschmidt glaubt auch, dass restriktive Maßnahmen nichts bringen, kein Flüchtling würde sich freiwillig "in die Mausefalle" namens Hotspots begeben, sondern in die Illegalität flüchten. "In diese Richtung geht es derzeit."