Geld für Afrika: Wie sich Merkel im Flüchtlings-Thema Luft verschafft
Von Evelyn Peternel
Merkel und die Flüchtlinge, das ist eigentlich kein Thema, mit dem sich gut Wahlkampf machen lässt. Oder?
Nun ja, die Antwort darauf ist zweischneidig – und die CDU-Kanzlerkandidatin weiß das durchaus. Denn natürlich ist das Thema ihre "Achillesferse", wie Beobachter sagen; das Jahr 2015 und die Dauer-Reibereien mit der CSU haben bekanntlich Spuren hinterlassen. Andererseits ist das Thema schwer zu ignorieren, vor allem jetzt im Sommerloch: Die Ankünfte in Italien, die vielen Toten im Mittelmeer, all das füllt die Zeitungen – und irritiert den deutschen Wähler.
Hilfe am Ursprung
Dass Merkel ihren ersten Arbeitstag nach dem Urlaub nicht etwa mit Gute-Laune-Wahlkampf, sondern mit UNHCR-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi und dem Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration (IOM), William Lacy Swing, verbracht hat, ist darum umso bemerkenswerter. Sie hat das Treffen noch im Urlaub akkordiert, zu einer Zeit, als die SPD ihr vorwarf, die Probleme im Mittelmeer zu ignorieren. Ihre Antwort darauf ist nun deutlich – das Signal heißt Taten statt Worte: 50 Millionen Euro werde Deutschland noch im laufenden Jahr an UNHCR und IOM übermitteln, gab sie am Freitag bekannt; Geld, das in jene Länder fließen soll, aus denen die meisten Migranten aufbrechen.
"Am Geld darf es nicht scheitern", sagte sie flapsig. Der IOM-Chef und sein UNHCR-Kollege dankten es ihr: Swing sprach von einer "mutigen und visionären Entscheidung", Grandi von der "Führungsrolle Deutschlands" und davon, das Berlin der "zweitgrößte Beitragszahler nach den USA" sei.
Das ist genau die Optik, die Merkel im Wahlkampf braucht. Sie will das Thema an sich ziehen und der Konkurrenz keine Angriffsfläche bieten, es dabei aber positiv besetzen. "Das sind Themen, die wir nicht aus dem Wahlkampf heraushalten können und auch gar nicht wollen", sagte sie darum auch auf die Frage eines Journalisten, was sie über die SPD-Kritik denke. Ihre Botschaft: Die SPD soll reden, ich handle.
Migrationspartner
Dass mit den 50 Millionen nicht alle Probleme gelöst sind, weiß man im Kanzleramt freilich auch. Die Hoffnung ruht darum auf Migrationspartnerschaften, einem Plan, den die EU schon länger verfolgt: Unter diesem Titel verbirgt sich nichts anderes als das, was man mit der Türkei paktiert hat – afrikanische Länder sollen Geld bekommen, wenn sie Menschen an der Weiterreise hindern. Auch in Libyen, von wo derzeit die meisten Migranten aufbrechen, soll das passieren, zuerst müsse dort aber die Einheitsregierung stabilisiert werden, so Merkel. Die Lage sei "ganz anders" als in der Türkei.
Signal an Italien
Dass dies bis zur Wahl nicht geschehen wird, ist den Beteiligten aber ebenso klar. Umso mehr wird es Merkel freuen, dass Italien seit Kurzem eine harte Linie im Mittelmeer verfolgt – schließlich entscheidet sich dort, ob sich das Jahr 2015 wiederholt; und das ist etwas, was laut CDU-Programm "nicht sein dürfe". Darum kommt sie Rom auch ein wenig entgegen: "Wir brauchen eine Änderung des Dublin-Verfahrens", sagte sie am Freitag; ein Überdenken der Regelung, dass Asylverfahren immer im Ankunftsland laufen müssen. Das ist bekanntlich etwas, was Italien schon seit Langem will.