Politik/Ausland

Finale für OSZE-Vorsitz: Mit Konsens gegen den Konflikt

Österreichs Vorsitz bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geht ins Finale. Am Donnerstag und Freitag werden die Außenminister der OSZE-Staaten in Wien zur jährlichen Jahrestagung zusammenkommen. Und das in diesmal besonders hochkarätiger Besetzung: Auch US-Außenminister Rex Tillerson und Russlands Außenminister Sergej Lawrow werden in Wien sein. Berichten zufolge wird es auch ein bilaterales Treffen der beiden geben. Und dabei wie auch beim gesamten OSZE-Treffen wird ein Thema dominieren: Der seit fast vier Jahren zunächst tobende, dann schwelende Krieg in der Ukraine .

Der österreichische Spitzendiplomat Martin Sajdik ist Sonderbotschafter des OSZE-Vorsitzenden bei der trilateralen Kontaktgruppe zur Umsetzung des Minsk-Abkommens, mit dem der Konflikt beigelegt werden soll. Seit Jahren vermittelt er vor Ort.

KURIER: Sie sitzen an der Front und machen die tägliche Arbeit. Was hat die OSZE weitergebracht im derzeit prägendsten Konflikt im OSZE-Raum – dem Krieg in der Ukraine?

Martin Sajdik:Vor allem eines: Dass der Konflikt durch die Präsenz der Special Monitoring Mission (SMM, Anm.) in die derzeitige Dimension eingedämmt wurde. Er wurde nicht gelöst, die größten Flammen dieses Konfliktes aber wurden eingedämmt. Wir haben zum Beispiel gesehen, dass die Zahl ziviler Opfer drastisch gesunken ist.

Würden Sie sagen, dass das Mandat der SMM die verschiedensten Aspekte dieses Konfliktes adäquat abdeckt?

Für das, wofür es gemacht wurde, ist das Mandat ausgezeichnet und gut. Es ist eine reine Beobachtungsmission. Und wir machen unsere Arbeit sehr gut. Wir haben eine Kontaktlinie, die fast 480 Kilometer lang ist. Wir haben fast 700 Beobachter. Wir haben die Ausstattung – Drohnen, spezielle Kameras. Das Mandat ist für das, was man damit wollte, ausreichend. Eine Lösung des Konfliktes kann hingegen nur auf Basis der Minsk-Vereinbarungen – auch mit Hilfe des Normandie-Formats (Deutschland, Frankreich, Russland, Ukraine) – gefunden werden. Das Abkommen von Minsk haben die Ukraine, Russland, die OSZE sowie Vertreter der Separatisten – Sacharchenko und Plotnitsky – unterzeichnet.

Sie heben hervor, dass es sich um eine Beobachtermission handelt. Eine aktivere oder bewaffnete Mission ist immer wieder im Gerede. Wo liegen die Vorzüge reiner Beobachtung?Die Beobachtermission ist Konsens unter den OSZE-Staaten. Der zuletzt von Russland eingebrachte Vorschlag (UN-Truppen entlang der Kontaktlinie; Kiew fordert zugleich aber auch eine Überwachung der derzeit unkontrollierten Grenze, was Moskau wiederum ablehnt, Anm.) sieht eine Einschaltung der UNO vor. Da geht es darum, den Konflikt zu lösen. Und bei dem immer wieder diskutierten Vorschlag einer Polizeimission geht es darum, konkret die in der Minsker Vereinbarung vorgesehenen Lokalwahlen (nach ukrainischem Recht, Anm.) zu schützen.

Sie haben die Separatisten erwähnt, die das Minsk-Abkommen unterzeichnet haben. Mit den Vorkommnissen in Lugansk (Putsch gegen den Chef der sogenannten Volksrepublik, Anm.) ist ein Unterzeichner abhanden gekommen. Ist das Abkommen damit in Gefahr?

Das sehe ich nicht. Plotnitsky wurde nun ausdrücklich mit der Umsetzung von Minsk betraut von der sogenannten Volksrepublik Lugansk.

Das Konsens-Prinzip ist immer wieder ein Kritikpunkt gegen die OSZE. Ihr wird vorgeworfen, ein Plauderverein zu sein. Was entgegnen sie dem?

Das Konsensprinzip hat den Vorteil, dass Entscheidungen den politischen Willen jeder Seite widerspiegeln und jeder Seite die Möglichkeit bieten, einen Konflikt zu lösen. Die OSZE ist ein Kind der Helsinki-Vereinbarung von 1975. Das Konsensprinzip hat sich als Vorteil erwiesen. Außerdem: Allen internationalen Organisationen wird vorgeworfen, ein Plauderverein zu sein. Das Konsens-Prinzip findet sich ja bei vielen internationalen Organisationen. Aber bei einer Abkehr von diesem Prinzip könnten Konflikte ganz klar in Richtung Schlachtfeld gehen.