Politik/Ausland

Militär zeigt Härte: Mehr als 60 Tote

Der Konflikt in Ägypten spitzt sich weiter zu: Nach den blutigen Zusammenstößen zwischen Armee-Anhängern und Islamisten haben am Montag mutmaßliche Extremisten elf Angehörige von Armee und Polizei getötet. In einem südlichen Vorort von Kairo wurden zudem laut Medienberichten zwei Menschen verletzt, als Unbekannte eine Panzerfaust auf eine streng bewachte Satellitenanlage abfeuerten.

Die Proteste hatten am Sonntag begonnen: Bei Straßenschlachten zwischen Anhängern der vom Militär entmachteten Islamisten und Unterstützern der Armee in Kairo und zwei südlichen Provinzen insgesamt 53 Menschen getötet worden. Das Gesundheitsministerium zählte 271 Verletzte; die Polizei nahm mehr als 400 Menschen fest.

Militär geht gegen Islamisten vor

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Der Einsatz der Sicherheitskräfte bei den neuerlichen Unruhen richtete sich in erster Linie gegen Mursi-Anhänger. In Kairo ignorierten am Tausende Anhänger der Muslimbrüder Warnungen der Regierung und demonstrierten für Mursi. Sie marschierten in Richtung des Tahrir-Platzes, auf dem sich Regierungsanhänger zum Gedenken an den Jahrestag des Angriffs auf Israel 1973 (Yom-Kippur-Krieg) versammelten. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Muslimbrüder vom Platz fernzuhalten.

Die Regierung hatte erklärt, jeder, der während der Gedenkveranstaltung gegen die Armee auf die Straße gehe, werde als Agent feindlicher Mächte und nicht als Demonstrant angesehen. Auch in anderen Städten wie Alexandria, Suez und Aswan kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern.

Schrot, Tränengas und Gummigeschoße

Demonstranten hätten das Feuer auf Sicherheitskräfte eröffnet, so dass diese hätten einschreiten müssen. Die Polizei feuerte in der Umgebung des Kairoer Tahrir-Platzes mit Schrot, Tränengas und Gummigeschoßen, später auch Salven aus Schnellfeuerwaffen, um die Anhänger Mursis zurückzudrängen. Schon vor den Großdemonstrationen in Kairo hatte das Militär zahlreiche gepanzerte Fahrzeuge aufrollen lassen. Auch in anderen Städten postierten sich die Sicherheitskräfte um die wichtigsten Plätze.

Bilder der Ausschreitungen

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Angriffe auf Militär-Einheiten

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Auch abseits der Hauptstadt gehen die Ausschreitungen weiter. Am Montag starben fünf Polizisten, als in der Stadt Al-Tur eine Autobombe auf dem Gelände der Sicherheitsdirektion der Provinz Süd-Sinai detonierte; 50 Menschen seien durch die Explosion verletzt worden, hieß es. In dem Gebäude, das stark beschädigt wurde, fand gerade eine Sitzung hochrangiger Offiziere statt. Wie das Fahrzeug auf das Gelände gelangen konnte, ohne durchsucht zu werden, müsse noch geklärt werden, sagte ein Polizeibeamter.

Bei einem Angriff auf eine Militärpatrouille in der Provinz Ismailia wurden am Montag sechs Soldaten erschossen. Nach Angaben der Sicherheitskräfte erlitten 35 Menschen bei der Attacke in der Nähe der Ortschaft Abu Zuwair Verletzungen

In einer Vorstadt von Kairo feuerten Attentäter Granaten auf eine staatliche Satellitenstation. Zwei Menschen seien bei dem Anschlag in Maadi verletzt worden, verlautete am Montag aus Sicherheitskreisen. Zu dem Angriff bekannte sich zunächst niemand. Seit dem Sturz des Islamisten Mursi im Juli durch das Militär häufen sich die Anschläge von radikalen Muslimen, und die Armee geht seit September verstärkt gegen militante Islamisten auf der Sinai-Halbinsel vor.

Offensive am Sinai

Die Armee geht seit September verstärkt gegen militante Islamisten auf der Sinai-Halbinsel vor. Diese hatten ihre Angriffe auf Fabriken und Einrichtungen der Sicherheitskräfte verstärkt, nachdem die Armeeführung Anfang Juli nach Massenprotesten den aus der Muslimbruderschaft stammenden Präsidenten Mohammed Mursi und seine Regierung abgesetzt hatte.

Am 14. August räumten Polizei und Streitkräfte Protestlager der Muslimbrüder in Kairo mit Gewalt; anschließend wurde nahezu die gesamte Führungsriege der Muslimbruderschaft verhaftet. Bei tagelangen Ausschreitungen wurden mehr als tausend Menschen getötet. Die Bewegung ist seit zudem knapp zwei Wochen faktisch verboten: Ein Gericht untersagte den Islamisten jedwede Tätigkeit und ordnete die Beschlagnahmung von deren Geldern an.

Der von den Militärs eingesetzte Übergangspräsident Adli Mansour gilt als blasser Beamter ohne politische Ambitionen. Beobachter halten es nicht für ausgeschlossen, dass Armeechef Abdel Fattah al-Sisi bei der für 2014 angekündigten Präsidentenwahl kandidieren wird.