Politik/Ausland

Juncker für Grüne nach Steueroasen-Leaks rücktrittsreif

Aus den Reihen der Grünen werden Rücktrittsaufforderungen an den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker laut. Grund dafür sind neue Enthüllungen über Steuerfluchtmodelle Luxemburgs aus dessen Amtszeit als Premier, die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Demnach hätten Hunderte Konzerne Steuern umgangen, indem sie ihre Profite nach Luxemburg schleusten.

"Jean-Claude Juncker ist nach einer Woche im Amt schon rücktrittsreif", erklärte der grüne österreichische EU-Abgeordnete Michel Reimon zu den Ergebnissen der Untersuchung des "International Consortium of Investigative Journalists". Reimon: "Juncker war von 1995 bis 2013 Regierungschef von Luxemburg - als solcher war er dafür verantwortlich, dass Hunderte Konzerne die Steuerfluchtoase Luxemburg mit pseudo-legalen Methoden nützen konnten. Derartige Steuerfluchtmodelle sind ein Extremfall von nationalstaatlichem Egoismus - das macht Juncker auch als Europäer, dem es um Gemeinschaftsinteressen geht, völlig unglaubwürdig."

Heimat Luxemburg

Ähnlich äußerte sich am Donnerstag auch der deutsche Grün-Europaabgeordnete Sven Giegold bei einer Diskussion über Unternehmenstransparenz im Europaparlament. "Es gibt keine Ausreden mehr. Das ist ein schwerer Schlag für Herrn Junckers Glaubwürdigkeit, im europäischen Interesse zu handeln", sagte Giegold. Es gebe Grund zur Annahme, dass Juncker auch als EU-Kommissionspräsident sein Heimatland Luxemburg schützen werde.

Giegold kritisierte, in der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission würden für die gesamte EU nur acht Personen zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung arbeiten. "Das ist ein Witz. Es muss personell mindestens vervierfacht werden. Außerdem muss die EU-Kommission die Möglichkeiten des Beihilferechts jetzt scharf anwenden und gegen Steuerdumping mit Rückforderungen hart vorgehen." Die EU-Wettbewerbskommissarin Kommissarin Margrethe Vestager müsse jetzt handeln.

Juncker bleibt gelassen

Der neue EU-Kommissionspräsident hat nach Angaben eines Sprechers der Brüsseler Behörde "gelassen und cool" auf die in den Medien kolportierten Vorwürfen von Steuerfluchtmodellen Luxemburgs während seiner Zeit als Premier reagiert. Ein Sprecher der Kommission erklärte am Donnerstag in Brüssel, es handle sich nur um einen "typischen Staatsbeihilfen-Fall".

Die neue EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager werde die Untersuchungen leiten. Es gebe derzeit gegen drei Staaten vertiefte Prüfungen in solchen Steuervermeidungsangelegenheiten - neben Luxemburg sind dies Irland und Malta. Mit zahlreichen Fragen konfrontiert, ob Juncker angesichts der massiven Vorwürfe von Steuerhinterziehungen für Unternehmen in Luxemburg während seiner fast 20-jähriger Amtszeit als Regierungschef einerseits und gleichzeitig massiven Budgeteinschnitten für einige Staaten während der Krise andererseits mit zahlreichen Auswirkungen für Millionen Steuerzahler moralisch kompetent genug sei, wich der Kommissionssprecher aus. Er spreche nicht für Juncker als ehemaligen Premierminister, sondern als EU-Kommissionspräsidenten.