Politik/Ausland

EU verschärft Sanktionen gegen Putin

Bei dem international scharf kritisierten Referendum auf der ukrainischen Halbinsel Krim hat die Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit für einen Beitritt zu Russland gestimmt. 96,6 Prozent stimmten für die Angliederung. Sowohl EU, als auch die USA bekräftigten, dass sie die Volksabstimmung nicht anerkennen. Nichtsdestotrotz stellte das pro-russische Krim-Parlament am Montag offiziell den Antrag zu Aufnahme in die Russische Föderation. Das Parlament der ukrainischen Übergangsregierung hat indes ein Präsidenten-Dekret gebilligt, das eine Teilmobilisierung der Streitkräfte einschließlich der Mobilisierung von 40.000 Reservisten vorsieht. Russlands Präsident Wladimir Putin gibt am Dienstag eine Erklärung vor beiden Häusern des Parlaments zur Krim-Krise ab.

Die EU hat am Montag beim Außenministerrat, an dem auch Minister Sebastian Kurz teilnimmt, weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen. Geplant sind Einreiseverbote und Kontosperrungen gegen verantwortliche Politiker in Russland und auf der Krim. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso erklärten, die Volksabstimmung sei "illegal", sie widerspreche der ukrainischen Verfassung und dem "internationalen Recht".

Obama telefonierte wieder mit Putin

Ebenso drohte US-Präsident Barack Obama mit neuen Sanktionen. Moskau müsse mit "zusätzlichen Kosten" wegen der Krim rechnen, sagte Obama nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Abend. Das Referendum verstoße gegen die ukrainische Verfassung. Obama habe Putin auch gesagt, dass die Krise nach wie vor diplomatisch gelöst werden könne. Das russische Militär müsse aber erst damit aufhören, in die Ukraine "einzufallen".

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Die selbst ernannte Führung der Krim hat mehrere ukrainische Staatsunternehmen auf der Halbinsel beschlagnahmt. Die moskautreue Regierung habe unter anderem den Energieversorger Tschernomorneftegas per Parlamentsbeschluss verstaatlicht, teilten Medien in Simferopol am Montag mit. Es gebe eine ganze Liste weiterer Objekte, sagte Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew. Privateigentum sei aber nicht betroffen. Die prowestliche Zentralregierung in Kiew protestierte gegen den Schritt.

Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow erklärte sich zu Verhandlungen mit Russland über die Krim bereit. Eine Annexion der Halbinsel werde sein Land aber niemals hinnehmen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat mit Enttäuschung auf das Referendum reagiert. Er sei zutiefst enttäuscht und zudem besorgt, dass die Abstimmung die Situation nur noch verschärfen werde, sagte Ban laut Mitteilung am Montag in New York. Der UN-Chef verurteilte außerdem die Gewalt im Osten der Ukraine. Ban rief alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf und forderte eine Verpflichtung zu Deeskalation und nationalem Dialog. „Eine Verschlechterung der Situation wird ernste Auswirkungen für die Menschen in der Ukraine, der Region und darüber hinaus haben.“

Die Ukraine zieht nach dem Referendum ihren Botschafter aus Moskau ab. "Angesichts der Lage um die Krim und der Notwendigkeit, einige internationale Aspekte der Krise zu diskutieren, wird der Botschafter für Beratungen zurückgerufen", erklärt das Außenministerium in Kiew.

Wenn Moskau seine Politik fortsetze, seien Washington und die internationale Gemeinschaft zu weiteren Schritten bereit, sagt Obama im aktuellen Briefing im Weißen Haus.

Der litauische Außenminister Linas Antanas Linkevicius schließt weitere Sanktionen gegen Russland beim EU-Gipfel in dieser Woche nicht aus. Laut Linkevicius könnte die Sanktionsliste auch noch ausgeweitet werden. Es gehe darum, wie sich die Lage in den nächsten Tagen entwickle und ob es eine Deeskalation geben werde. Die Ausdehnung des Konflikts auf den Süden und Osten der Ukraine müsse gestoppt werden.

"Der beste Wunsch ist, dass die Eskalation gestoppt wird. Jeder will in Frieden leben und nicht in militärischer Konfrontation", sagt Linkevicius.

Auch die türkische Regierung bezeichnet das umstrittene Referendum auf der Krim über eine Eingliederung der ukrainischen Halbinsel in die Russische Föderation als ungesetzlich und ungültig.

Die EU-Außenminister verurteilen das Krim-Referendum über einen Beitritt zu Russland als "illegal“. "Die EU anerkennt das illegale 'Referendum' und sein Ergebnis nicht", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister in Brüssel. Die EU verurteile die Abhaltung des Referendums scharf, dies stelle einen klaren Bruch der ukrainischen Verfassung dar. "Es wurde in sichtbarer Präsenz von bewaffneten Soldaten abgehalten unter Bedingungen der Einschüchterung ziviler Aktivisten und Journalisten, des Ausfalls ukrainischer Fernsehkanäle und der Behinderung des zivilen Verkehrs nach und aus der Krim", betonen die Minister.

Russland hat mit einer Reihe von Bedingungen seine Bereitschaft erklärt, mit dem Westen an einer Lösung des Ukraine-Konflikts zu arbeiten. Nötig dazu seien unter anderem eine Verfassungsänderung hin zu einem föderativen Staat im Nachbarland sowie die Garantie von Russisch als zweiter Amtssprache, teilt das Außenministerium in Moskau am Montag mit.

Eine "Unterstützergruppe" soll Kiew zudem dazu bringen, das umstrittene Referendum auf der Krim über einen Anschluss der Halbinsel an Russland anzuerkennen. Die Ukraine weist die Forderungen mit Nachdruck zurück. "Diese Erklärung ähnelt einem Ultimatum", teilt das Außenministerium in Kiew mit.

Auf der Krim feiern viele den Ausgang des Referendums - in Brüssel wird dagegen protestiert.

Die EU-Außenminister haben Kontensperren und Einreiseverbote gegen 21 Personen aus Russland und der Ukraine beschlossen. VP-Außenminister Sebastian Kurz spricht von "einem klaren politischen Signal" und äußert die Hoffnung, dass weitere Strafmaßnahmen nicht nötig seien. Die neuen Sanktionen zielen auf "Personen, die politisch und militärisch verantwortlich sind" für die Krim-Krise, "sowohl von der Krim als auch von russischer Seite", sagt Kurz. Insgesamt seien 18 politisch Verantwortliche und drei Militärs auf der Liste. 13 der sanktionieren Personen seien Russen, acht Personen seien Ukrainer, sagte der Minister. Die Namen sollen in Kürze im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden.

Kurz bezeichnet das jüngste russische Angebot, Gespräche innerhalb einer internationalen Kontaktgruppe zu beginnen, als positives Signal. Der Vorschlag sei aber "so nicht zu akzeptieren". Kurz hofft darauf, dass das Angebot mit Russland noch so nachverhandelt werden kann, dass auch die Ukraine mit am Tisch sitzt. Die OSZE habe nach wie vor das Ziel, Beobachter auf die Krim und in die Ukraine zu entsenden.

Es gebe die Besorgnis, dass Russlands Präsident Wladimir "Putin weiterziehen könnte", sagt Kurz. "Das wäre meiner Meinung nach dramatisch."

US-Präsident Barack Obama lässt Konten von elf russischen und ukrainischen Bürgern sperren, die an der Krim-Krise aktiv beteiligt sind. Gegen sie werden zudem Reisebeschränkungen verhängt. In einer veröffentlichten Liste sind die Namen von sieben russischen Regierungsvertretern und vier Ukrainern enthalten, darunter auch der des entmachteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.

Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow (83) hält die Voraussetzungen für einen Beitritt der Krim zu Russland für erfüllt. "Die Menschen (auf der Halbinsel) wollen es, und das bedeutet, dass man ihnen entgegenkommen muss", sagt der frühere Sowjetpräsident der Agentur Itar-Tass in Moskau.

"Das ist gut", betont Gorbatschow. Vor einigen Tagen hatte er den damaligen Präsidenten Boris Jelzin (1931-2007) dafür kritisiert, dass dieser bei der "Zerstörung der Sowjetunion" 1991 keine tragfähige Lösung für die Krim gefunden habe.

Bundespräsident Heinz Fischer warnt die Ukraine vor einer militärischen Reaktion auf das Krim-Referendum. "Das Rad mit militärischer Gewalt zurückzudrehen kann niemand Vernünftiger gutheißen", sagt Fischer bei einer Pressekonferenz mit seinen Amtskollegen aus Slowenien und Kroatien, Borut Pahor und Ivo Josipovic, in Wien.

"Was auf der Krim passiert ist, beruht nicht auf den Grundsätzen des Völkerrechts", bekräftigt Fischer. Es gebe in vielen europäischen Staaten Minderheiten, und man könne nicht einfach eine Minderheit zu einer Abstimmung aufrufen, "unter Einfluss von Soldaten aus dem Nachbarland". Nach dem Referendum sei es aber "notwendig, jeden Schritt zu vermeiden, der dieses Pulverfass zum Explodieren bringt". Man könne jetzt "nur reagieren" mit Schritten der Missbilligung, darunter auch Sanktionen.

Der ukrainische Außenminister Andriy Deschtschiza (Deschtschitsya) wirft Russland "Provokationen" vor. "Wir sind sehr besorgt über die Anzahl russischer Soldaten an der Grenze", sagt Deschtschiza nach einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel. Ein Anlass zur Sorge seien zudem die hohe Zahl "russischer Politik-Touristen" im Osten der Ukraine sowie zahlreiche "Provokationen, die Russland zu organisieren versucht".

Die Regierung in Kiew suche aber nach einer friedlichen Lösung des Konflikts mit Russland um die ukrainische Krim-Halbinsel, sagte Deschtschiza. Das ukrainische Militär werde angewiesen, nicht auf Provokationen zu reagieren. Auch sei die NATO nicht um militärische Präsenz gebeten worden, sagte Deschtschiza. Allerdings bat die Ukraine die NATO um technische Unterstützung für ihre Streitkräfte. Eine entsprechende Liste mit der benötigten Ausrüstung werde dem Bündnis noch am Montag überreicht, sagte Deschtschiza. Um welche Geräte es sich dabei handelt, blieb zunächst unklar.

Die Furcht vor einer wirtschaftlichen Schwächung Russlands durch Sanktionen hat dem Rubel zugesetzt. Ein Dollar ist in der Spitze auf ein Rekordhoch von 36,73 Rubel gestiegen.

Die EU-Außenminister haben weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen. Laut Diplomaten in Brüssel ist eine Liste mit sanktionierten Personen angenommen worden. 21 Personen sind betroffen. Gegen die Personen auf der Liste werden Einreiseverbote verhängt und deren Konten gesperrt, berichten Diplomaten.

Die Liste betrifft angeblich 13 Russen und acht Personen von der Krim, heißt es aus EU-Ratskreisen in Brüssel. Bei den 13 Russen soll es sich um drei Militärvertreter und zehn Parlamentarier handeln.

Der russische Präsident Wladimir Putin will sich am Dienstag zum weiteren Vorgehen äußern. Laut Iwan Melnikow, Vizepräsident der Duma, ist die Rede für 15.00 Uhr (Ortszeit, 12.00 Uhr MEZ) vor beiden Kammern des russischen Parlaments geplant.

Zeichen der fortschreitenden Einverleibung: Das pro-russische Krim-Parlament hat parallel zur ukrainischen Währung Hrywnja den Rubel als Zweitwährung eingeführt. Die ukrainische Währung könne noch bis zum 1. Jänner 2016 benutzt werden. Außerdem wurden die ukrainischen Energiekonzerne Chornomornaftohaz und Ukrtransgaz verstaatlicht.

Weiter Aufregung gibt es um die umstrittene Teilnahme von FPÖ-Vizeparteichef Johann Gudenus und EU-Abgeordneten Ewald Stadler als "Wahlbeobachter" des Referendums. Sie hatten den Urnengang als "frei von Zwang" bezeichnet.

Bis heute haben die Russen nicht offiziell bestätigt, dass dort eigene Soldaten zum Schutz der Krim-Bevölkerung stationiert sind. Deshalb weist Russland auch zurück, dass es einen Militäreinsatz auf der Krim gebe. Bei den gesichteten Truppen handle es sich um Selbstverteidigungskräfte in Uniformen, hatte Kremlchef Wladimir Putin betont. Experten haben Waffen, Fahrzeuge und andere Ausrüstung immer wieder als russisch identifiziert.

Die Krim gehört zur Ukraine und wird es auch bleiben, verlautete der Verteidigungsminister.

Die ukrainische Übergangsregierung will ihre Truppen nicht von der Halbinsel abziehen. Die ukrainischen Einheiten blieben auf der Krim stationiert, sagte Verteidigungsminister Igor Tenjuch. Der Präsident des prorussischen Krim-Parlaments hatte zuvor erklärt, die Abgeordneten der Vertretung arbeiteten an einer Auflösung der ukrainischen Militärstützpunkte. Soldaten, die bleiben wollten, könnten in örtliche Streitkräfte integriert werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin gibt am Dienstag eine Erklärung vor beiden Häusern des Parlaments zur Krim-Krise ab. Auch die Duma wird am Dienstag nach den Worten ihres Vizepräsidenten Iwan Melnikow eine Erklärung zum Referendum auf der Krim abgeben.

Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow hat das Referendum als "große Farce" bezeichnet. Moskau versuche dadurch seine "anhaltende Aggression auf der Krim" zu verschleiern, sagte Turtschinow am Montag im Parlament in Kiew.

Einen mittelgroßen Skandal gab es am Tag des Referendums im russischen Fernsehen. Der bekannte Moderator Dmitri Kiseljow sagte live im TV: "Russland ist das einzige Land auf der Welt, das realistisch betrachtet in der Lage ist, die USA in radioaktive Asche zu verwandeln", sagte er am Sonntagabend im staatlichen Sender Rossija 1.

Außenminister Sebastian Kurz äußerte noch vor Beginn des Außenministertreffens die Hoffnung, dass weitere wirtschaftliche Sanktionen der EU gegen Russland nicht nötig sein werden. "Von der nächsten Stufe sind wir doch noch entfernt. Ich glaube, man sollte sie nicht herbeisehenen die nächste Stufe, sondern ganz im Gegenteil, man sollte hoffen, dass diese Stufe überhaupt nicht notwendig wird", sagte Kurz in Brüssel.

Das Parlament der Ukraine hat ein Präsidenten-Dekret gebilligt, das eine Teilmobilisierung der Streitkräfte einschließlich der Mobilisierung von 40.000 Reservisten vorsieht. Davon sollen 20.000 in die Streitkräfte eingebunden werden und 20.000 in eine neu gebildete Nationalgarde. Die Abgeordneten begründen ihre Entscheidung mit der "Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten der Ukraine". 275 Mandatare stimmten für die Teilmobilmachung, 33 nahmen an der Abstimmung nicht teil. Es gab keine Gegenstimme.

Unmittelbar nach dem Referendum über den künftigen Status der Krim hat das Regionalparlament in Simferopol den Weg für einen Beitritt der ukrainischen Halbinsel zur Russischen Föderation frei gemacht. Die 85 Abgeordneten votierten am Montagmorgen einstimmig für die Unabhängigkeit der Krim und eine Eingliederung in das Nachbarland.