Politik/Ausland

Linke gibt sich neuen Chef und Mutinjektion

„Es ist Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen“ – das hat der neue Chef der Demokratischen Partei (PD), Nicola Zingaretti, kurz nach seiner Wahl angekündigt. Der 53-jährige Römer steht allerdings vor einer großen Herausforderung: Er soll die schwer angeschlagene Mitte-links-Partei noch vor den Europa-Wahlen im Mai mit einem Neustart auf Vordermann bringen.

Zingaretti, seit 2013 Präsident der Region Latium, konnte 70 Prozent der Wähler-Stimmen für sich verbuchen. Mit dem ehemaligen Mitglied der Kommunistischen Partei rücken die italienischen Sozialdemokraten wieder stärker nach links. Die Partei müsse wieder auf die Bedürfnisse der einkommensschwachen Bevölkerung achten, erklärte der neue Parteichef.

Die Wahlbeteiligung war mit 1,7 Millionen Mitte-links-Sympathisanten und Parteimitgliedern, die bei der Urwahl ihre Stimme abgaben, höher als erwartet. Genau vor einem Jahr hatte der „Partito democratico“ bei den Parlamentswahlen die bisher größte Niederlage einstecken müssen. Interne Machtkämpfe machen der Partei nach dem Abgang des früheren Regierungschefs Matteo Renzi, der als Erneuerer antrat und sich 2016 ins Aus manövrierte, schwer zu schaffen. Von der Wahlschlappe hat sich die derzeitige Oppositionspartei noch nicht erholt.

Frischer Wind

„Wir müssen die EU-Wahlen gewinnen. In Italien weht ein neuer Wind. Die Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung stürzt Italien in den Abgrund, und das begreifen die Italiener allmählich“, zeigt sich Zigaretti kämpferisch. Sein Bruder, Schauspieler Luca Zingaretti, erfreut sich bei italienischen TV-Zusehern als Commissario Montalbano großer Beliebtheit.

Prominente Gesichter aus Kunst und Kultur waren auch vor den Wahllokalen zu sehen. Regisseur Nanni Moretti, Oscar-Preisträger Roberto Benigni, die Schauspielerinnen Sabrina Ferilli und Stefania Sandrelli sowie Musiker Renzo Arbore reihten sich zur Stimmabgabe in die langen Warteschlangen.

Gewerkschafter, Studenten, Künstler – insgesamt 200.000 Menschen gingen am Samstags in Mailand mit Slogans gegen Rassismus und gegen „eine Politik der Angst“ auf die Straße. Es war die bisher größte Kundgebung gegen die aktuelle Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und ultrarechter Lega.

Die Kundgebung vor dem Mailänder Dom sei ein Zeichen gegen „Abschottung und Ausgrenzung“, erklärte der frühere Premier Romano Prodi in der Tageszeitung La Repubblica.

Auch wenn der medial omnipräsente Lega-Innenminister Matteo Salvini weiter im Umfragehoch schwebt, nimmt der Widerstand gegen die Regierungskoalition zu: den Streit um Infrastrukturprojekte, den sinnlose diplomatische Eklat mit Frankreichs Präsidenten Macron, fehlende Arbeitsplätze und die rigorose Abschottungspolitik bewerten viele als negativ.