Politik/Ausland

Kurz gegen Wahlkampfauftritt Erdogans in Österreich

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sei in Österreich zu offiziellen Besuchen und Gesprächen mit der Staatsspitze willkommen, nicht aber um vor dem Referendum über die umstrittene Reform der türkischen Verfassung Werbung für das von ihm angestrebte Präsidialsystem zu machen. Das erklärte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag. "Wahlkampfauftritte sind unerwünscht", stellte Kurz in einer Aussendung dar. Er lehne es ab, "den türkischen Wahlkampf und eine Polarisierung nach Österreich zu tragen". Dies würde "zu verstärkten Spannungen bei uns führen und das ist hinderlich für die Integration", so der auch für Integration zuständige Minister.

Ende der Demokratie?

Am 16. April stimmen die Türken über die Einführung eines Präsidialsystems ab. Das würde Erdogan deutlich mehr Macht verleihen; das Amt des Ministerpräsidenten würde abgeschafft. Kritiker befürchten damit ein Ende von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei, die sie vor allem seit dem vereitelten Juli-Putsch des Vorjahres schon eingeschränkt sehen. An der Volksabstimmung können sich auch die im Ausland lebenden türkischen Bürger, etwa in Österreich oder Deutschland, beteiligen. Laut Ministerpräsident Binali Yildirim will Erdogan im Vorfeld auch im Ausland persönlich für die Verfassungsänderungen werben - wo ist noch nicht klar. Yildirim selbst ist bereits in der deutschen Stadt Oberhausen vor Tausenden Türken aufgetreten und plant weitere Wahlkampfauftritte in Deutschland, Belgien, den Niederlanden oder Dänemark.

Die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei sind angespannt. Österreichs Alleingang mit der Forderung, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einzufrieren und sein Veto gegen eine gemeinsame Erklärung des EU-Ministerrats zur Türkei-Politik hatte zuletzt Mitte Dezember eine weitere erboste Reaktion der türkischen Regierung zur Folge. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte jüngst beim Neujahrsempfang für das Diplomatische Corp hinsichtlich der Türkei, Österreich sei sehr beunruhigt "über die dramatischen Entwicklungen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechte und Grundfreiheiten". Wenige Wochen vor der Präsidentenwahl in der Türkei im Jahr 2014 war Erdogan in Wien vor rund 13.500 Anhängern aufgetreten. Kurz kritisierte das damals als "Wahlkampfrede", die "für Unruhe in unserem Land gesorgt hat". Kurz traf damals Erdogan zu einem Gespräch und teilte ihm seine Kritik persönlich mit.