Politik/Ausland

Krise gemeistert, Regierung muss gehen

Dankbarkeit ist keine politische Kategorie: Die rot-grüne Regierung unter Premierministerin Johanna Sigurdardottir hat Islands Geschicke nach dem Bankencrash vor fünf Jahren in ihre Hände genommen und das Land vor dem Bankrott gerettet. Das Wirtschaftswachstum betrug zuletzt 1,6 Prozent, die Industrie brummt. Doch allen Umfragen zufolge haben Sozialdemokraten und Grüne keine Chance, die Wahlen zu gewinnen. Das Ergebnis wird heute erwartet. Stimmen die Umfragen unter den 320.000 Inselbewohnern im hohen Norden, dann kommen gerade jene wieder an die Macht, die Island mit ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik an die Grenze zum Bankrott getrieben hatten: die rechtsliberale Fortschrittspartei und die konservative Unabhängigkeitspartei – Schutzmacht der Fischerei-Industrie und also solche strikt gegen einen EU-Beitritt Islands.

Vor allem der junge, als charismatisch geltende Chef der Fortschrittspartei, Sigmundur David Gunnlaugsson (38), hat mit seinem Wahlkampf den Nerv getroffen: Er versprach, dass der Staat den Bürgern finanziell hilft. Wer durch hohe Privatkredite für sein Haus oder Unternehmen in der Schuldenklemme stecken, soll mit einem Schuldenschnitt von 20 Prozent der Last befreit werden, so Gunnlaugsson.

Das Geld dafür soll seiner Meinung nach aus der Konkursmasse der isländischen Banken kommen. Die Hedgefonds als Gläubiger sollten einfach auf einen Teil verzichten. Ein Drittel der Isländer glaubt offenbar, dass das tatsächlich funktionieren könnte. Sie beklagen die ungleiche Verteilung der Krisenlasten und wollten daher Gunnlaugsson wählen.

Bei einem Sieg der Rechtsparteien wackelt auch der EU-Beitritt der Insel.