Korruptionsprozess in Spanien: Das Netzwerk des "Don Vito" Correa
Von Irene Thierjung
Optisch hat Francisco Correa nicht viel mit Don Vito Corleone gemein, dem von Marlon Brando verkörperten Paten im gleichnamigen Hollywoodklassiker von 1972. Doch die Praktiken der Männer ähneln einander so sehr, dass der spanische Unternehmer in Anlehnung an den Mafiaboss auch "Don Vito" genannt wird.
Correa ist die zentrale Figur in einer gigantischen Korruptionsaffäre, deren Aufarbeitung der prominente Untersuchungsrichter Baltasar Garzon 2009, just zu Beginn der großen spanischen Wirtschaftskrise, einleitete. Zahlreiche Firmen und Politiker mit Naheverhältnis zur konservativen Regierungspartei Partido Popular (PP) sollen zwischen 1999 und 2005 bei öffentlichen Aufträgen Millionen abgezweigt haben. Der Skandal wird als "Caso Gürtel" bezeichnet – denn Correa heißt auf deutsch "Gürtel".
700.000 Seiten
Die Ergebnisse der Ermittlungen füllen 700.000 Seiten: Detailreich ist nachzulesen, wie "Don Vito" und andere Geschäftsleute sich bei Politikern u.a. mit Reisen und Bordellbesuchen für günstige Grundstücksverkäufe und überaus großzügige Bauaufträge bedankten. Eines der wichtigsten Beweismittel stammt von Correa selbst: ein USB-Stick, auf dem alle Ausgaben dokumentiert sind. Die Staatsanwaltschaft fordert 125 Jahre Haft für Correa und 60 Millionen Euro Entschädigung.
Insgesamt sind 37 Unternehmer und Politiker angeklagt, wie etwa Luis Barcenas. Der Ex-Schatzmeister der PP überwies über Jahre 48 Millionen Euro auf seine Auslandskonten. Woher das Geld stammte, konnte er nicht plausibel erklären. Stattdessen schwärzte er seinen langjährigen Freund, PP-Chef und Ministerpräsident Mariano Rajoy, an. Dieser habe Schwarzgeld angenommen – was Rajoy abstreitet. Den Premier beschäftigt derzeit zudem anderes: Bis Ende Oktober muss er eine neue Koalition zustande bringen, sonst muss neu gewählt werden. Zum bereits dritten Mal binnen eines Jahres.
Safaris auf Staatskosten
Unter den 300 Zeugen, die in den nächsten Monaten aussagen sollen, sind viele PP-Politiker. Einem davon, Rodrigo Rato, wird derzeit selbst der Prozess gemacht. Der frühere Finanzminister und Ex-Chef des Internationalen Währungsfonds soll ab 2010 als Chef der Sparkasse Caja Madrid, (später Bankia) sich und seinen Führungskräften "schwarze Kreditkarten" ausgestellt haben. Mit diesen bezahlten die Manager Kleidung, Restaurantbesuche, Schmuck und sogar Safaris auf Kosten des maroden Finanzinstituts. Das Geld wurde von den Managern nicht als Einkommen deklariert. Dem Staat entgingen so zwölf Millionen Euro an Steuern.
Und das war noch nicht alles: Bankia musste 2012 mit Staatsgeldern in Höhe von 20 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch gerettet werden.