"Nafri"-Kriminelle: Nicht nur für die Polizei ein Problem
Von Evelyn Peternel
"Etwas hat sich erheblich verändert", sagt Norbert Wagner. Was der Kölner Kriminaldirektor damit meint, ist nicht die Stimmung in der Stadt, sondern die Statistik, die vor ihm liegt: Aus der lasse sich nämlich herauslesen, dass die Polizei nicht erst seit den Übergriffen zum Jahreswechsel, sondern schon seit einiger Zeit mit Straftätern aus Nordafrika zu tun hat. "Nafri" nennt die Polizei sie, junge Männer aus Marokko, Tunesien oder Algerien, die meist allein nach Deutschland kommen und kurz danach in der Kriminalitätsstatistik in den Spalten Diebstahl, Straßenraub und Drogenhandel auftauchen.
So auch zu Silvester. Alle 13 Beschuldigten der Skandalnacht stammen aus Nordafrika; Menschen aus der Region stellen mittlerweile zehn Prozent aller Tatverdächtigen, so Wagner. "Das ist ein rasanter Anstieg" – während ihr Anteil vor einigen Jahren noch sehr gering war, hat es 2015 bereits mehr als 1900 nordafrikanische Tatverdächtige gegeben. Da die Kölner Maghreb-Community nur 5500 Menschen zählt, ist das ein durchaus hoher Wert.
"Eine Katastrophe"
Den vielen Unbescholtenen in Köln und den umliegenden Städten des Rheinlandes macht dies natürlich zu schaffen. "Für die maghrebinische Gemeinde ist das eine mittlere Katastrophe", sagt Samy Charchira. Der Sozialpädagoge arbeitet in Düsseldorf, hat selbst marokkanische Wurzeln, er ist Mitglied der Islamkonferenz. "Seit 50, 60 Jahren lebt eine große Gemeinde in der Region, sie ist extrem gut integriert – und wird unter Generalverdacht gestellt", sagt er zum KURIER. "Seit Bürgerwehren patrouillieren, haben viele Angst."
Große Ablehnung
In Deutschland würden sie zuerst versuchen, Anschluss an bestehende Communities zu finden– wie etwa im Maghreb-Viertel "Klein-Marokko" in Düsseldorf. Dort versuchen viele Nordafrikaner aus dem kriminellen Milieu, Unterschlupf zu finden. Sie bekommen allerdings die Null-Toleranz-Haltung ihrer Landsleute zu spüren: "Die Anwohner rufen uns offensiv an, wenn sie etwas beobachten", heißt es seitens der Polizei. "Sie fordern die Exekutive auf, diese Leute gezielt anzugehen", erzählt Charchira – der beste Weg, den Vorwurf der Sippenhaftung loszuwerden.