Warum das Minsker Abkommen steckt
Von Andreas Schwarz
Wir befinden uns zwischen keinem und einem schlechten Waffenstillstand. Täglich gibt es Beschuss durch schwere Waffen, die bereits abgezogen sein sollten. Glauben Sie mir, es ist schlimm, wenn wieder einmal um drei Uhr Früh das Handy klingelt und ich informiert werde, dass wir wieder Opfer haben." Pawlo Klimkin, Außenminister der Ukraine, ist ziemlich illusionslos, als er in der Nacht auf Mittwoch mit österreichischen Journalisten in Kiew über das sogenannte Minsker Abkommen spricht, das seit Februar einen Waffenstillstand in der Ostukraine garantieren und einen weiteren Friedensprozess in Gang setzen soll.
Sollte. Denn die Kämpfe werden wieder intensiver, allein in den letzten 24 Stunden starben fünf ukrainische Soldaten. Und die von der Ukraine, Russland, den prorussischen Separatisten unter der Patronanz von Frankreich und Deutschland beschlossenen Arbeitsgruppen zu Sicherheit, humanitäre Hilfe, Wirtschaft, Regionalwahlen kamen bis jetzt nicht zustande – am Mittwoch sollte im weißrussischen Minsk ein neuer Anlauf unternommen werden.
Doch da gilt es, einen gordischen Knoten zu lösen: Russland wirft der Ukraine vor, ihrerseits das Minsker Abkommen zu brechen, wie Russlands Außenminister Sergej Lawrow Österreichs Außenminister Sebastian Kurz Dienstag in Moskau sagte. Und zwar u.a. deshalb, weil Kiew keinen Dialog mit den prorussischen Vertretern in Lugansk und Donezk in der Ostukraine führe.
Der ukrainische Außenminister legte Kurz in der Nacht auf Mittwoch in Kiew seine Sicht des Knotens dar: Einen Dialog mit den Separatistenvertretern könne es erst nach Regionalwahlen geben.
Kurz drängt auf Reform
Für diese Wahlen braucht es wiederum eine neue Verfassung. An deren Ausarbeitung, so fordert Moskau, müssten auch Vertreter aus – erraten – Lugansk und Donezk beteiligt sein. Nein, kontert Kiew, es seien ohnehin gewählte Vertreter aus dem Donbass (der gesamten Region) dabei, die prorussischen Lugansk- und Donezk-Führer seien erst Gesprächspartner, wenn sie gewählt seien.
Kurz drängte Klimkin, dass die Ukraine den Waffenstillstand umsetzen müsse. Auch müsse die Verfassungsreform in Gang kommen, der Kampf gegen Korruption und die Reform von Justiz und Verwaltung anlaufen.