Kerry: "Schwierig ist Untertreibung"
Von Andreas Schwarz
"Ich kann die Aktionen der Hamas nicht stark genug verurteilen." Deutlich nahm US-Außenminister John Kerry am Dienstag in Wien zum Gaza-Konflikt Stellung (Bericht unten). Israel, das jedes Recht habe, sich zu verteidigen, habe den ägyptischen Vorschlag eines Waffenstillstandes zunächst angenommen, dann aber nach anhaltendem Raketenfeuer der Hamas wieder mit Luftangriffen beantwortet. "Es ist nicht zu entschuldigen, dass die Hamas unschuldige Zivilisten gefährdet und auch als Schutzschild nimmt."
Eigentlicher Anlass der Pressekonferenz des amerikanischen Chefdiplomaten im Wiener Austria Center waren aber die internationalen Bemühungen der vergangenen Tage, die Atomverhandlungen der fünf UNO-Vetomächte plus Deutschland (5 + 1 oder auch EU + 3) mit dem Iran zu retten. Sie sollten bis 20. Juli ein Ergebnis bringen und waren zuletzt in die Sackgasse geraten.
"In diesen Zeiten ist es ein Understatement zu sagen, dass Diplomatie schwierig ist", begann Kerry vor rund 100 internationalen Journalisten seine Bilanz nicht nur der letzten drei Tage, in denen er in Wien mit Irans Außenminister Mohammad Zarif verhandelt hatte. Er war am Wochenende von den Außenministern Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens unterstützt worden. Kerrys mehrdeutige Botschaft: Es habe "greifbare Fortschritte in Schlüsselfragen" gegeben, aber "es gibt noch wirkliche Differenzen in anderen Schlüsselfragen"; der 20. Juli sei noch aktuell, aber möglicherweise brauche es auch mehr Zeit.
Irans Außenminister Zarif sagte am Abend, die Verhandlungen seit Sonntag hätten zumindest so viele Fortschritte gebracht, dass sich eine mögliche Verlängerung der Gespräche über 20. Juli hinaus lohnen würde.
Bei den Verhandlungen geht es darum sicherzustellen, dass der Iran ein ausschließlich friedliches Atomprogramm betreibt; im Gegenzug sollen die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben werden.
Streit um Zentrifugen
Weit auseinander ist man bei der Zahl der Zentrifugen zur Uran-Anreicherung. "Wir haben klar gesagt, dass die 19.000 ihres derzeitigen Programms zu viele sind", sagte Kerry. Die Position der 5+1 lautete stets 5000, weil mit mehr Zentrifugen die Nuklearwaffenproduktion leichter möglich sei, der Iran will 50.000, der geistige Führer Khamenei 190.000. Bewegung seitens des Iran gibt es laut Diplomaten bei der Dauer der Einschränkungen seines Atomprogramms, etwa dem Stopp der Uran-Anreicherung auf 20 Prozent: Drei bis sieben Jahre, die USA fordern mindestens zehn.
Die ägyptische Friedensinitiative, um die Gefechte im Gazastreifen zu stoppen, ist gescheitert. Die israelische Regierung hatte die Waffenruhe zwar akzeptiert, die radikal-islamische Hamas diese jedoch abgelehnt. Nach nur sechs Stunden erwiderte Israel daraufhin den Beschuss der Hamas mit Luftschlägen auf den Gazastreifen.
Premier Benjamin Netanjahu kündigte am Abend daraufhin die Ausweitung der Offensive in Gaza an. „Die Hamas lässt uns keine andere Wah“, sagte er. Erstmals wurde gestern ein Israeli durch eine palästinensische Rakete getötet.
Die von Ägypten vorgelegte Friedensinitiative hätte zu einer Waffenruhe und zu einer schrittweisen Öffnung der Grenzübergänge führen sollen. Innerhalb 48 Stunden wären israelische und palästinensische Delegationen in Kairo zu indirekten Gesprächen zusammengekommen.
Trotz des Scheiterns der Friedensinitiative soll der palästinensische Präsident Mahmud Abbas heute in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und Vertretern der arabischen Liga zusammentreffen. Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat am Dienstag den Nahen Osten besucht. Er appellierte an die Hamas, die Waffenruhe einzuhalten, und sicherte Israel Deutschlands Solidarität zu.
Seit Beginn der Gaza-Operation in der vergangenen Woche sind durch Luftangriffe im Gazastreifen inzwischen 194 Menschen getötet worden.
Golanhöhen Indes sind durch einen Beschuss Israels vier Menschen auf dem zu Syrien gehörenden Gebiet der Golanhöhen getötet worden. Zuvor war eine Rakete aus Syrien kommend in Israel eingeschlagen. Im Süden Israels wiederum sind nach einem Angriff von Ägypten aus auf die Hafenstadt Eilat fünf Zivilisten verletzt worden.