Politik/Ausland

Karl Schwarzenbergs Erinnerungen an 1993: Trennung tat furchtbar weh"

Von Jana Patsch

Die epochalen Veränderungen Anfang der 1990er-Jahre erlebte Karel Schwarzenberg hautnah auf der Prager Burg mit. Als Kabinettschef von Präsident Václav Havel war er dabei, als Nationalisten den tschechoslowakischen Staatschef in Bratislava attackierten. Ein anderes Mal stand er mit Havel im fast leeren Nationaltheater, wo die Feier zum tschechoslowakischen Staatsfeiertag stattfinden sollte. Aber die slowakischen Politiker waren nicht gekommen.

Die Auseinandersetzungen und Kontroversen zwischen Tschechen und Slowaken nahmen zu. Bei den Präsidentenwahlen im Juli 1992 bekam Havel von den slowakischen Abgeordneten keine ausreichende Stimmenanzahl und trat zurück.

„Alle Versuche Havels, die Föderation zu erhalten, waren gescheitert. Als er aus Protest zurücktrat, bat er mich, die Präsidenten-Standarte am Hradschin einzurollen“, erinnert sich der Zeitzeuge Schwarzenberg im KURIER-Gespräch. „Ich war sehr, sehr traurig. Es hat furchtbar wehgetan. Außerdem haben wir international an Bedeutung verloren. Als ehemaliger Außenminister kann ich bestätigen: Kleine Staaten werden weniger beachtet. Und Politiker kleiner Länder haben oft auch einen kleineren Horizont.“

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Bewegte Geschichte

Schwarzenberg stammt aus einer der ältesten Dynastien des europäischen Hochadels. Man diente den Habsburger-Monarchen über Jahrhunderte, stellte Ministerpräsidenten, Botschafter, Feldherren. Die ausgedehnten Besitztümer der Familiein der Tschechoslowakei kassierten zuerst die Nazis und nach 1945 die Kommunisten. Schwarzenberg war über Jahre einer der wichtigsten Unterstützer und Organisatoren des Widerstandes gegen die Kommunisten. Nach der Wende 1989 wurde der Familie nur ein kleiner Teil ihres einstigen Riesenbesitzes in Böhmen zurückerstattet.

Mittlerweile ist er nur noch einfacher tschechischer Staatsbürger – gewinnt der Trennung aber etwas Positives ab. „Die alten Komplexe sind verschwunden. Früher dachten die Tschechen, die Slowaken würden auf ihre Kosten leben. Und die Slowaken hegten den Verdacht, bei Investitionen und Postenvergaben würden sie stets nur die zweite Geige spielen. Das hat sich geändert.“