Politik/Ausland

Kanzler-Visite in der "verschnupften" Ukraine

Nach Putins Besuch bei Kneissl-Hochzeit war Kiew verstimmt. Jetzt pflegt Kurz die „guten Beziehungen“. Als Außenminister hat Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) oft die Ukraine besucht und ein gutes Verhältnis zu Außenminister Pavlo Klimkin aufgebaut. Vor allem als OSZE-Vorsitzland (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) drängte Österreich auf eine Umsetzung des sogenannten Minsker Abkommens, das Russland in der von pro-russischen Separatisten gehaltenen Ostukraine in die Pflicht nimmt.

Das gute Verhältnis ist spätestens seit dem Besuch von Kremlchef Wladimir Putin auf der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl schwer getrübt. Das Außenministerium in Wien hatte nach Kritik aus dem Parlament in Kiew (Österreich könne nicht mehr neutraler Vermittler in der Ukraine sein) festgestellt, dass der Putin-Besuch privat gewesen sei und die außenpolitische Positionierung Österreichs nicht ändere. Darauf ätzte Pavlo Klimkin: „Wenn sich das österreichische Außenministerium gezwungen sieht, sich angesichts eines ,privaten' Besuches zu rechtfertigen und zu versichern, dass der außenpolitischen Kurs unverändert bleibt, ist das schon eine interessante neue Form, die ein trauriges Lächeln hervorruft.“

Kommenden Dienstag reist Kanzler Kurz in die Ukraine – und ein Treffen mit Klimkin ist, wie der KURIER erfuhr, „nicht geplant“. Kurz wird Staatspräsident Petro Poroschenko und den Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, treffen und möchte „die guten bilateralen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen weiter vertiefen“. Einen Zusammenhang zwischen dem Ärger der Ukraine über den Hochzeitsbesuch Putins und der Reise Kurz’ gebe es nicht, hieß es aus dem Kanzleramt.

Donnerstag kommender Woche reisen Robert Lugar (FPÖ) und eine Gruppe Abgeordneter aus SPÖ, ÖVP und Liste Pilz in die Ukraine. Auch wenn keine Freude darüber herrsche, dass der Chef der parlamentarischen Freundschaftsgruppe ein Freiheitlicher sei, ,so Lugar, gehe es darum, „einen kleinen Beitrag“ zur Lösung des Konflikts in der Ostukraine zu leisten und dazu beizutragen, dass „Gesprächsbereitschaft mit Russland“ entstehe.

Trevor Traina, US-Botschafter in Wien, hat die Annäherung Österreichs an Moskau kritisiert. „Wenn jemand Brückenbauer sein will, dann muss er schon beide Seiten miteinander verbinden, oder die Brücke ist nicht zu gebrauchen“, sagte Traina im ORF (ZiB 2) in Hinblick auf die Teilnahme Putins an der Kneissl-Hochzeit. Beziehungen zu Russland seien klar, aber „man muss schon sehr vorsichtig sein, wenn eine Seite offensichtlich bevorzugt wird“.

Diplomaten-Protest

Der Leiter der Diplomatischen Akademie in Wien, Emil Brix, hat den Protest von Absolventen gegen Karin Kneissl zurückgewiesen. Sie hatten wegen der Putin-Nähe ersucht, künftig auf Kneissl als Lehrbeauftragte zu verzichten. Es widerspreche dem Geist der Akademie, Vortragende aufgrund ihrer politischen Tätigkeiten zu zensurieren, so Brix.