Kampf um Mossul: Schlacht mit vielen Fronten
Von Stefan Schocher
Sie ist ein militärisches Großprojekt – die Schlacht um Mossul, die unmittelbar bevorstehen dürfte. Aber vor allem ist sie auch ein politischer Balanceakt. Denn es gilt ein Gleichgewicht zu finden zwischen den militärischen Akteuren im Irak. Diese können sich kaum auf mehr als eines einigen: Dass der Islamische Staat (IS) der Feind ist.
Klingt nach einem schlüssigen Plan, wären da nicht tief greifende Differenzen innerhalb der Allianz, die ihn durchführen soll. Jüngster Höhepunkt: Bagdad sowie Ankara beriefen den jeweils anderen Botschafter zum Rüffel in die Außenministerien. Die irakische Regierung forderte zudem eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates. Es geht um rund 800 türkische Soldaten, die westlich der Hauptstadt Kurdistans, Erbil, stationiert sind und deren Mandat erst vergangenen Samstag vom Parlament in Ankara verlängert wurde. Es handelt sich um eine Trainingsmission für sunnitische Milizen sowie Peschmerga. Zugleich beinhaltet das Mandat Luftangriffe auf die kurdische Guerillagruppe PKK, die in den Bergen Kurdistans ihr Hauptquartier hat – sehr zum Missfallen der KRG, die um einen Ausgleich mit der Türkei bemüht ist. Zugleich aber genießt die PKK bei vielen ethnischen und religiösen Minderheiten in Kurdistan, wie etwa den Jesiden, weit mehr Vertrauen als die KRG.
Okkupation
Bagdad spricht jedenfalls von "türkischer Okkupation" und fordert den sofortigen Abzug. Ankara hingegen spricht von einem Einsatz auf Anfrage der KRG.
Nicht von ungefähr also sehen Militärs weniger die Schlacht um Mossul als das Danach als die größte Herausforderung. Die schiitische Miliz Hashd al-Shaabi hat bereits geschworen, türkische Soldaten auf irakischem Boden wie den IS bekämpfen zu wollen. Das Problem daran: Schiitische Milizen sind tragender Bestandteil der irakischen Armee, die ohne diese Verbände selbst kaum mehr als eine Miliz wäre.
Zugleich aber schlägt auch die KRG, die praktisch ein eigener Staat im Staat ist, Pflöcke ein. Der "Nationale Sicherheitsberater" und Vorsitzende des "Nationalen Sicherheitsrates" Kurdistans, Masrour Barzani, sagte: "All die Gebiete, die die Peschmerga derzeit kontrollieren (...), sind Teil Kurdistans, und es gibt keinen Grund für die Peschmerga, diese Gebiete zu verlassen." Es geht um Regionen, die administrativ nicht zur autonomen Region Kurdistan gehören, derzeit von Peschmerga gehalten, aber von Bagdad beansprucht werden. Zugleich forderte er ein detailliertes Abkommen für die Zeit nach Eroberung Mossuls.
Denn danach, so rechnen Militärs, werde man 30- bis 45.000 Mann brauchen, um das überwiegend sunnitisch-arabische Mossul zu sichern – was schon für eine geeinte Truppe eine heikle Aufgabe wäre. 45.000 Mann rivalisierender Fraktionen aber könnten zu einem zusätzlichen Risiko werden – und die geschätzten 700.000 Zivilisten in der Stadt rasch zu Flüchtlingen.