Politik/Ausland

Kairo: Schüsse auf dem Tahrir-Platz

In Kairo haben Unbekannte am Dienstag auf oppositionelle Demonstranten gefeuert und neun Menschen verletzt. Augenzeugen und ägyptische Medien berichten, auf dem zentralen Tahrir-Platz hätten mehrere, teils vermummte Angreifer zudem Brandsätze geworfen. Sowohl Anhänger als auch Gegner von Präsident Mohammed Mursis Plänen für ein Verfassungsreferendum wollen dort im Laufe des Tages demonstrieren.

Viele Menschen campierten zum Zeitpunkt des Angriffs bereits auf dem symbolträchtigen Platz, wo auch die Proteste zum Sturz von Mursis Vorgänger Husni Mubarak stattgefunden hatten.

Linke, liberale und andere Oppositionsgruppen haben für Dienstag zu einem Marsch zum Präsidentenpalast aufgerufen, um gegen die für Samstag angesetzte Volksabstimmung zu protestieren. Die Verfassung trägt die deutliche Handschrift der Islamisten und spaltet das Land. Auch die Anhänger Mursis haben deswegen zu Kundgebungen aufgerufen, um dem Präsidenten ihre Unterstützung zu zeigen.

Aus dem Schlaf gerissen

Auf dem Tahrir-Platz wurden viele oppositionelle Demonstranten durch den Angriff aus dem Schlaf gerissen. Sie riefen: "Das Volk will den Sturz des Regimes." Dies war einer der wichtigsten Slogans, der bereits zum Sturz Mubaraks benutzt worden war. Ein ägyptischer Christ sagte, mit dem Angriff habe versucht werden sollen, die Menschen zu vertreiben und somit die angekündigten Proteste in der Hauptstadt zu verhindern. "Wir sind gegen diese Terror-Taktik und werden heute den größten Protest überhaupt organisieren", sagte der Mann. Der Platz war von Polizeiwagen umgeben.

Vor dem Verfassungsreferendum am Samstag hat Mursi den Streitkräften offenbar aus Angst um die Sicherheitslage Polizeiaufgaben übertragen. So sei es Offizieren jetzt erlaubt, Zivilisten festzunehmen, hieß es in einem Dekret des Präsidenten. Darüber hinaus soll die Armee auch zum Schutz wichtiger Einrichtungen eingesetzt werden.

Ob die Opposition zum Boykott des Referendums aufruft, war zunächst nicht entschieden. Sie möchte erreichen, dass der Termin verschoben wird. In jedem Fall sorgen die anhaltenden Tumulte in dem bevölkerungsreichsten arabischen Land der Welt für große Besorgnis im Westen, vor allem in den USA. Die Vereinigten Staaten haben dem Land Millionen an Hilfsgeldern zukommen lassen, nachdem Ägypten mit Israel im Jahr 1979 Frieden geschlossen hatte.

Vergangene Woche war es bei Protesten gegen mittlerweile aufgehobene Machtdekrete Mursis zu Straßenschlachten gekommen. Sieben Menschen wurden getötet, Hunderte verletzt.