Juristische Doppelwatsche
Von Stefan Schocher
Zwei Wochen im Amt ist er – und hat schon einen handfesten Streit mit der US-Justiz am Laufen. Auf die richterliche Anordnung zur Aufhebung des Einreise-Dekrets folgte am späten Samstag gleich die zweite juristische Ohrfeige für Trump. Ein Berufungsgericht in San Francisco wies einen Eilantrag des Weißen Hauses in den frühen Morgenstunden des Sonntag quasi im Handumdrehen ab. Nicht überliefert ist, ob Trump zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Rot-Kreuz-Ball in Florida tanzte, oder sich bereits die Finger rieb für seinem allmorgendlichen Twitter-Rundumschlag – der dann nach dem Rundumschlag des Vortages aber ungewöhnlich lange ausblieb.
Rechtsstreit
Wichtig ist anzumerken, dass das vom Weißen Haus eingeleitete Berufungsverfahren noch läuft. Am Montag sollten beide Lager ihre schriftlichen Argumente einreichen. Erwartet wird, dass das Gericht in San Francisco erst in einer Woche ein endgültiges Urteil fällt.
Was den USA ganz sicher bevorsteht – da sind sich die allermeisten Beobachter einig –, ist ein langer Rechtsstreit, der wohl bis vor das Höchstgericht gehen wird.
Klar ist: Trump hat sich durch seine impulsiven und bisweilen verhaltensoriginellen Kommunikationsformen viele Feinde geschaffen. Nachdem er es sich mit den Geheimdiensten verscherzt hatte (die dann just den Bericht über Trumps Urin-Liebhabereien in Moskau in Umlauf brachten) und er in diesem Feld viel an Vertrauen verloren hat, ist nun anscheinend die Justiz an der Reihe.
Dass Trump jenen Richter aus Seattle, der den Einreisebann gekippt hatte, als "sogenannten Richter" verunglimpfte und dessen Urteil als "lächerlich" abkanzelte, hat ihm in der Justiz keinerlei Freunde verschafft. Harvard-Rechtsprofessor Laurence Tribe sagte, er wisse von keinem Fall "in mindestens den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten", in dem ein US-Präsident jemals einen Richter persönlich kritisiert habe. Und abgesehen von dem Rechtsstreit um den Einreisebann ist es diese persönliche Attacke Trumps, die Befürchtungen schürt, den USA könne eine Verfassungskrise blühen – ausgelöst durch die Art, wie Trump im Verfassungsheiligtum Gewaltenteilung wildert.
Es war diesmal Vize-Präsident Mike Pence, der die Schadensbehebung in Angriff nahm. In einem TV-Interview sagte er auf die Frage, ob die Bezeichnung "sogenannter Richter" denn bedeute, dass Trump die Gewaltentrennung infrage stelle: "Das glaube ich nicht. Ich denke, die Amerikaner sind daran gewöhnt, dass dieser Präsident seine Meinung deutlich ausspricht."
Das kalmiert zwar ein klein wenig in der Sache, verändert aber nichts am öffentlichen Bild Trumps als Choleriker, der von seinem Stab nur hie und da in die Schranken gewiesen werden kann. Und gewöhnt haben sich die Amerikaner an diese Art, die "Meinung auszusprechen" anscheinend auch nicht – was sich an den anhaltenden weitreichenden Protesten gegen Trump ablesen lässt.
Dilettantisch
Dabei hat sich Trump seine Niederlage beim Einreisebann auch selbst zuzuschreiben. Das Dekret war dilettantisch vorbereitet, hatte zu massivem Chaos geführt, war zwischen verschiedensten (zum Teil noch unbesetzten) Ministerien kaum abgestimmt und hatte anscheinend auch bei den Republikanern in Kongress und Senat wenig Rückhalt. So war der Bann auch ausgerechnet von einem Richter zu Fall gebracht worden, der vom Republikaner George W. Bush nominiert worden war.