Politik/Ausland

Jemen am Rande des Bürgerkriegs

Es begann wie in vielen anderen arabischen Ländern mit friedlichen Massenprotesten - inzwischen stehen die Zeichen aber auf Bürgerkrieg: Nach Libyen und Syrien wird auch der politische Umbruch im Jemen immer gewalttätiger. In der Hauptstadt kommt es seit Donnerstag früh wieder zu heftigen Zusammenstößen. In einem nördlichen Viertel waren Berichten von Bewohnern zufolge Explosionen und Gewehrfeuer zu hören - offenbar bekämpfen sich Gegner und Anhänger von Präsident Ali Abdullah Saleh.

Laut dem TV-Sender Al Jazeera werden Häuser im Viertel Al Hassaba von Saleh-treuen Truppen mit Raketen beschossen. "Wir werden von allen Seiten bombardiert", zitiert die Website des Senders einen Mitarbeiter des mächtigen Clan-Chefs Sheikh Sadok al-Ahmar, dessen Büro in dem Viertel liegt. Ahmar ist einer der Clan-Führer, die den Präsidenten zum Abdanken auffordern. Beim Beschuss eines Hauses seien bereits zwei Menschen gestorben, berichtet Al Jazeera weiter.

Nachrichtendienst angegriffen

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Die Kämpfe beschränken sich nicht nur auf die Hauptstadt: Auch in der wirtschaftlich bedeutenden südlichen Hafenstadt Aden kam es bereits zu mehreren Explosionen. Ziel der Anschläge waren das Hauptquartier des Nachrichtendienstes und ein nahe gelegenes Polizeigebäude. Die Explosionen dürften nach offiziellen Angaben kaum Schäden angerichtet haben. Bei den anschließenden Schüssen der Sicherheitskräfte wurde laut Augenzeugen aber ein 14-jähriger Bub getötet, fünf Personen wurden verletzt. Seitdem die Armee verstärkt gegen Extremisten vorgeht, sind die Sicherheitskräfte in der Nähe von Aden mehrfach angegriffen worden. Die Regierung macht Verbündete von Al-Kaida für die Angriffe verantwortlich.

Warnung vor Eskalation

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Die erneute Gewalt schürt die Angst vor einem Bürgerkrieg im Jemen. Erst am Dienstag hatte die UNO vor einem Bürgerkrieg in dem südarabischen Land gewarnt. In den vergangenen sechs Monaten seien mehrere Hundert Menschen getötet und einige Tausend verletzt worden. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, forderte Jemens Regierung dazu auf, die Angriffe und den Einsatz scharfer Munition gegen Zivilisten zu beenden. Zudem sollten alle Gefangenen, die wegen friedlicher Proteste inhaftiert wurden, sofort freigelassen werden.

Wie in zahlreichen anderen arabischen Ländern demonstrieren auch im Jemen seit Februar Tausende Menschen für Reformen und mehr Demokratie. Sie fordern den Abgang des seit über 30 Jahren regierenden Präsidenten Ali Abdullah Saleh. Die Staatsmacht hat bereits Risse bekommen: So ist etwa eine ganze Panzer-Division der Armee zur Opposition übergelaufen. Doch Saleh - der sich in Saudi-Arabien von einem Anschlagsversuch erholt - klammert sich weiter an die Macht.