Italien: Freispruch für den Anti-Salvini
Nach monatelanger Odyssee kann der ehemalige Bürgermeister des Vorzeige-Migranten-Dorfs Riace in Kalabrien einen Erfolg verbuchen: Der oberste Gerichtshof hat Mimmo Lucano von allen Vorwürfen freigesprochen.
Im Oktober 2018 wurde Lucano verhaftet. Ihm wurden Begünstigung einer Scheinehe sowie die Vergabe der Müllentsorgung an eine Migranten-Kooperative ohne Ausschreibung vorgeworfen. Vorwürfe, Lucano habe Staatsgelder unterschlagen, erwiesen sich auch als falsch.
Durch seinen innovativen Umgang mit Geflüchteten erregte der 60-jährige Kalabrese internationale Aufmerksamkeit. Mit einem erfolgreichen Integrationsprojekt konnte er das durch Abwanderung vom Aussterben bedrohte 1800-Seelen-Dorf Riace beleben. 450 Flüchtlinge haben sich im Laufe der Jahre in Riace niedergelassen: dank ihrer Kinder konnte die Dorfschule offen bleiben, neue Lokale und Handwerksläden und in Folge Touristen belebten das Dorf.
Die vergangenen sechs Monate waren nicht nur für Lucano, der zuerst unter Hausarrest gestellt und dann mit einem Ortsverbot belegt wurde, hart. Lucanos Lebenswerk geriet ins Stocken, und darunter litt auch die Bevölkerung Riaces. 200 Flüchtlinge wurde umgesiedelt. Nur 40 bleiben, die ohne finanzielle Hilfe ausharren.
Lucanos Anhänger hoffen nun, dass nach Lucanos Rückkehr aus dem Exil im Nachbardorf der Ort zu neuem Leben erwacht. „Sie haben Menschen deportiert. Sie versuchten, eine Wüste daraus zu machen und nannten es Legalität. Aber die Buntheit hat gewonnen. Viva Riace, viva Mimmo!“, freut sich Luciano Ummarino.
„Ich habe immer gesagt, dass man mit der Verurteilung Mimmos nur der Ndrangheta (kalabrische Mafia, Anm.) einen Gefallen tut. Wir müssen dafür kämpfen, dass der Staat Mafia und Korruption besiegt und nicht auf Menschen mit einem großen Herzen und Mut wie Lucano losgeht“, kommentierte Neapels Bürgermeister Luigi De Magistris, die Entscheidung des Kassationsgerichtes.
Die Ermittlungen gegen Riaces Bürgermeister begannen bereits unter der Regierung von Ex-Premier Renzi und dem als Hardliner bekannten früheren Innenminister Minniti. Nach dem Regierungswechsel wurde der Kampf gegen Migranten unter Nachfolger Salvini weiter verschärft. Lega-Chef Salvini äußerte sich stets abschätzig über Lucano, den Menschenfreund aus dem Süden.