Politik/Ausland

Islam-Kritiker: "Lehre im Schatten des Schwertes"

KURIER: Sie haben den Islam schon als faschistische Religion beschrieben, jetzt nennen Sie Mohammed einen narzisstischen Tyrannen, Kriegstreiber, Mörder – warum so radikal?

Hamed Abdel-Samad: Ich wollte die multiplen Schichten der islamischen Diktatur freilegen. Zuerst mit "Der Untergang der islamischen Welt", wo ich den Zerfall vieler arabischer Staaten und die Völkerwanderung vorhergesagt habe. Da nannte man mich Panikmacher. In der "Islamische Faschismus" habe ich die Wurzeln des Islamismus erklärt ...

Und jetzt arbeiten Sie sich an Mohammed ab?

Ich arbeite mich nicht ab, ich bin beim Herz der Zwiebel, bei Mohammed und seinen Motiven. Welcher Mensch er war, welche Unzulänglichkeiten für die Entstehung mancher Korantexte verantwortlich waren, seine problematische Beziehung zu Frauen, die Intoleranz gegenüber Ungläubigen. Ergebnis: Der Schlüssel zu seiner Persönlichkeit ist sein Minderwertigkeitskomplex, er war ein Gekränkter, ein Außenseiter, von der Mutter an Beduinen abgegeben. Aber friedlich ...

In Mekka war er friedlich, in Medina wurde er zum Mörder?Aus dieser Leere versuchte er Verehrer um sich zu scharen, er wanderte aus und wurde Kriegsherr. Die Muslime deuten das als Durchbruch für die Lehre Mohammeds – aber das war ein Durchbruch unter dem Schatten des Schwertes. Das ist der Geburtsfehler des Islam.

Außenseiter, Komplexler, Paranoiker – dieses Mohammed-Bild soll der Muslim akzeptieren? Er soll selbst in den Quellen schauen. Wenn man den Heiligenschein beiseite legt, erkennt man die Schwächen des Korans und Mohammeds. Das tun die Theologen nicht.

Mohammed ist zwangsläufig Vorbild für Dschihadisten, sagen Sie – ist das nicht nur eine Interpretationsfrage des Koran?

Nein, Interpretation wäre es, wenn es nur um den Text geht. Aber es geht um die Person dahinter, die Ungläubige vertrieben hat, Kriegsbeute machte, versklavte usf. Und der Koran verlangt, den Propheten als Vorbild zu nehmen und das zu wiederholen, was er getan hat – im 21. Jahrhundert. Dieses Vorbild, das ja auch positive Seiten gehabt hat, gehört begraben, wo es hingehört: ins 7. Jahrhundert.

Der "Spiegel" kritisiert, dass Sie damit den Rechten und Islamkritikern Vorschub leisten.

Das sind die typisch deutsche Linksreflexe, billig und tendenziös. Ich habe ein historisches Buch geschrieben – Rassisten interessieren sich für historische Analysen nicht, sie hassen Menschen, weil sie anders sind.

Sie haben die "Völkerwanderung" schon erwähnt: Was bedeutet denn die für Europa?

Die nie da gewesene Migrationssituation ist unkontrollierbar. Ich sagte seinerzeit schon: Die Migration wird nach Europa kommen und Europa wird überfordert sein, vor einer moralischen oder wirtschaftlichen Katastrophe stehen. Man kann die Leute nicht wegschicken, aber man kann sie auch nicht alle aufnehmen. Es sind ja nicht nur Kriegsflüchtlinge.

Europa kann das nicht verkraften?

Nein, weil niemand sagen kann, das sind jetzt drei Millionen, und jetzt ist Schluss.

Die Integration ist möglich?

Von manchen ja, für die Mehrheit nicht. Die ist jung, männlich, zwischen 18 und 30, testosterongeladen und ungebildet, das ist eine Tatsache. Nachdem sie die Fluchtsituation überwunden haben, fangen die Probleme an: Identitätskonflikte, Frustration, Wunsch nach Familie und Macht. Da kommen dann die religiösen und kulturellen Aspekte dazu.

Und damit meinen Sie Gewalt nach Mohammed?

Natürlich. Terrorismus wird ja nicht vor allem aus Syrien exportiert, sondern entsteht ja hier. Es gibt ja nicht nur den IS, sondern Al Nusra, Salafisten, Muslimbrüder, die mitfliehen und in keinem Sicherheitsregister sind. Und wenn sie hier sind, werden sie sich mit den hier vorhandenen Strukturen verbünden, mit den Muslimbrüdern, die in Österreich und Deutschland sehr aktiv sind, mit den Erdogan-Anhängern, mit den Salafisten. Sie werden für mehr Radikalisierung in der Gesellschaft sorgen. Und Radikalisierung führt ja später zum Terrorismus. Die Gefahr ist viel umfassender als die des momentanen Terroranschlags.

Haben sie auch einen positiven Ansatz?

Die Flüchtlingslager in der Türkei, in Jordanien, vor Ort unterstützen und ausbauen. Das kostet viel weniger, ganze Städte hätte man bauen können, als in Europa jetzt die Flüchtlingskrise kostet.

Zur Person

Als Student war der deutsch-ägyptische Politologe und Sohn eines ägyptischen Imams in Kairo bei den Muslimbrüdern. Später in Deutschland zog der 43-Jähr- ige mit seinen islamkritischen Büchern und Thesen eine Todes-Fatwa (Mordaufruf) auf sich. Sein jüngstes Buch „Mohammed“ liest er auch auf YouTube vor.