Politik/Ausland

Irak: Richtungsweisende Parlamentswahl als Machtprobe zwischen Iran und den USA

Koalitionspoker. Wer auch immer die Parlamentswahl im Irak heute gewinnen wird: Das eigentliche Tauziehen, das wird erst nach Wahlschluss starten. Denn eines zeichnete sich klar ab: Keines der antretenden Wahlbündnisse dürfte eine absolute Mehrheit schaffen – und damit eine Koalition notwendig werden. Und die Verhandlungen über Allianzen und Koalitionen, die sind ein sich abzeichnendes Muskelspiel zwischen Washington und Teheran, die jeweils Konstellationen bevorzugen oder kategorisch ablehnen.

Selten war es im Irak so ruhig. Der IS ist praktisch besiegt, die Zahl der Anschläge vergleichsweise niedrig. Der Konflikt zwischen Bagdad und den Kurden im Norden ist nicht weiter eskaliert. 25 Millionen Menschen sind zur Wahl aufgerufen. 7000 Kandidaten – darunter rund 2000 Frauen – rittern um 329 Parlamentssitze. Die Wahl gilt als „Schicksalswahl“: Weite Teile des Landes liegen in Trümmern, Hunderttausende leben nach wie vor in Flüchtlingslagern und der Krieg hat die politische Gemengelage maßgeblich verändert.

Hatte der rasante Aufstieg des IS vor allem auch damit zu tun, dass die sunnitische Minderheit im Irak unter Premier Haidar al-Abadis Vorgänger al-Maliki aus dem politischen Leben ausgeschlossen war, so hat der Krieg gegen den IS die schiitische Mehrheit im Irak weiter gestärkt – dem Iran aber mehr Einfluss verschafft, als jemals zuvor. Das Vakuum nach Zerfall der Armee haben Milizen gefüllt, die eng mit Teheran verbunden sind. Zugleich ist das schiitische Lager zersplitterter denn je.

Schiitische Milizen

Amtsinhaber al-Abadi – ein Schiit – hat dennoch Rückenwind. Er hält stabile Beziehungen in der komplizierten Nachbarschaft des Irak aufrecht und gilt als jemand, der sowohl mit den USA als auch mit dem Iran eine Gesprächsbasis hat. Vor allem kann sich Abadi den Sieg gegen den IS an die Brust heften. Er wird aber wohl einen Mehrheitsbeschaffer benötigen. Und als solcher bieten sich Gruppen an, die zum Teil engste Beziehungen in den Iran pflegen. Zur echten Macht im Land könnten dabei schiitischen Milizen werden, auf denen der Sieg gegen den IS fußt. Sie sind eng mit dem Iran verbunden und streben jetzt danach, ihre militärische Stärke in politische Macht umzuwandeln.