Im Umgang mit Putin bahnt sich ein Konflikt in der EVP an
Von Stefan Schocher
Erst der MH17-Zwischenbericht, der auf eine russische Beteiligung an dem Abschuss einer Passagiermaschine über der Ostukraine schließen lässt; dann das massive Bombardement Ost-Aleppos unter anderem durch russische Kampfbomber, bei dem anscheinend Phosphor- und Streubomben zum Einsatz kommen und auch Spitäler sowie zivile Einrichtungen als Ziele dienen. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach in diesem Zusammenhang von "Barbarei" und "Kriegsverbrechen". Und langsam sickert die Thematik in die europäische Politik durch – nicht aber, ohne dissonante Zwischentöne. Vor allem im Lager der Europäischen Volkspartei, der EVP.
Kritik an ZurückhaltungEs war allen voran der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok, der jetzt vorpreschte. In einem Interview mit dem ARD-Morgenmagazin sprach er sich am Freitag für eine klare Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland aus. Insbesondere gehe es um technologische Sanktionen zur Hemmung der russischen Waffenentwicklung "wie wir das schon zu Zeiten des Kalten Krieges gemacht haben", so Brok.Brok ist einer der führenden Außenpolitiker der EU, aber vor allem der EVP, deren Fraktionschef im EU-Parlament, Manfred Weber, sich in der Vergangenheit wiederholte Male ganz ähnlich geäußert hatte. Als wäre es abgesprochen, positionierte sich am Freitag auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), ganz klar in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: "Eine Folgen- und Sanktionslosigkeit schwerster Kriegsverbrechen wäre ein Skandal", so Röttgen. Zugleich ging er hart mit der Zurückhaltung europäischer Regierungen ins Gericht.
Ein Adressat dieser Kritik ist unmissverständlich Wien. Denn während sich die EVP klar für Sanktionen positioniert, tut das die ÖVP als Mitglied der EVP-Fraktion ganz gegenteilig. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl nannte die Sanktionen einmal wörtlich "Unsinn". Und Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sagte auf KURIER-Nachfrage: "Es bringt nichts, die Sanktionsspirale endlos weiterzudrehen. Die Erfahrungen zeigen, dass das nicht zur Problemlösung beiträgt. Wir müssen auch bei unterschiedlichen Positionen im Dialog bleiben."