Gabriel traf Cavusoglu: "Wir verlangen Respekt"
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat am Mittwoch seinen türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu getroffen. Nach seinem Gespräch erklärte Gabriel, dass es "ein ehrliches, freundschaftliches, aber auch hart und kontrovers in der Sache geführtes Gespräch" war.
Ausdrücklich lobte Gabriel den Umstand, dass Cavusoglu nach Deutschland gekommen ist und dass man ein persönliches Gespräch führen konnte. Es wurde dabei über alles geredet - über die unterschiedlichen Auffassungen zum Referendum, der Inhaftierung von Journalisten und den Auftritten türkischer Politiker in Deutschland.
Keine der beiden Seiten hätte Interesse daran, die Beziehungen zu beschädigen, so Gabriel. Belastungsproben sind nur zu meistern, wenn man einen sachlichen und respektvollen Dialog pflegt, so Gabriel weiter.
Grenze überschritten
Gleichzeitig fordert Gabriel aber auch Respekt ein. Vergleiche mit Nazi-Deutschland verbietet sich der deutsche Außenminister nachdrücklich. Er habe deutlich gemacht, dass es Grenzen gibt, die man nicht überschreiten darf, "und dazu gehört eben der Vergleich mit Nazi-Deutschland". " Deutschland ist eines der freisten und demokratischsten Länder der Welt. Solche Vorwürfe dürfen sich nicht wiederholen", sagte Gabriel.
Der Außenminister verwies auch auf die lange, gewachsene Freundschaft zwischen Deutschland und der Türkei und den Erfolgen, nicht zuletzt auf wirtschaftlichen Gebieten - von Deutschen in der Türkei und von Türken in Deutschland. Gabriel wandte sich auch mit einer Botschaft an die deutsch-türkischen Doppelstaatsbürger: "Wir dürfen es nicht zulassen, dass eine politische Auseinandersetzung aus der Türkei nach Deutschland getragen wird".
Konkrete Ergebnisse des Treffens nannte der Minister nicht. Vor allem gehe es nun um konsularischen Zugang zum in der Türkei inhaftierten Journalisten Yücel.
Wir waren beim Treffen zwischen dem neuen deutschen Außenminister Sigmar Gabriel und seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu nicht dabei. Aber Gabriel muss man schon dafür bewundern, dass er den Türken überhaupt getroffen hat. Was sagt man einem Politiker, der Deutschland als Nazi-Land beschimpft und gleichzeitig dafür wirbt, dass in seinem Land eine Diktatur errichtet wird, der die permanenten Verstöße gegen die Menschrechte in der Türkei auch noch verteidigt?
Gabriel hat getan, was Diplomaten aber eben tun müssen: Er hat geredet. Er hat dafür geworben, dass die Regierungen in Berlin und Ankara im Gespräch bleiben und gleichzeitig klar gemacht, dass die türkischen Politiker mit ihren Nazi-Sagern eine Grenze überschritten haben.
Und auch wenn Erdogan das Referendum gewinnt und sein Land weiter von jeglichen demokratischen Umgangsformen entfernt, müssen die EU und die europäischen Regierungen mit ihm reden. Nicht nur wegen der Flüchtlingskrise. Die Türkei ist ein Nachbarland, und viele Türken leiden unter dem wild gewordenen Staatspräsidenten. Sie brauchen unseren Schutz. Gerade die Deutschen wissen, dass es richtig war, mit Diktaturen im Gespräch zu bleiben. Auch Erdogans Regime wird zusammenbrechen.
Und zwar schon aus wirtschaftlichen Gründen. Es ist ja absurd, dass der türkische Außenminister nach der Beschimpfung der Deutschen zur Internationalen Tourismus Börse (ITB) in Berlin fährt, um dort um deutsche Urlauber zu werben. Im Moment kann man niemanden raten, in der Türkei seine Ferien zu verbringen. Vielleicht liegt am Strand nebenan ein türkischer Journalist, der mit riesigem Polizeiaufgebot verhaftet wird. Wer will das im Urlaub erleben? Und in der Tat ist die Zahl der Touristen radikal zurückgegangen.
Generell türkischen Politkern jeden Auftritt zu verbieten führt aber auch nicht weiter. Wir, vor allem die heimische Politik, müssen uns um Türkisch-stämmige in Österreich so kümmern, dass sie sich hier wohl fühlen. Wer aber findet, dass in der Türkei alles besser ist, dass ein Polizeistaat mit Islam-Zwang angenehm ist, kann ja dorthin gehen. Aber populistische Ausfälle gegen Erdogan und Co. bringen uns nicht weiter. Die Radikalisierung überlassen wir der türkischen Regierung, Gabriel weist den Weg der Demokraten.
(Helmut Brandstätter)