Die "nette Malu" gegen die "schöne Julia"
Von Evelyn Peternel
Ich oder sie. Das vermitteln beide, auch wenn sie es nicht direkt aussprechen.
Malu Dreyer und Julia Klöckner geben sich ohnehin sehr wortkarg, wenn es um die jeweils andere geht. Kein böses Wort ist der SPD-Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz über ihre Konkurrentin zu entlocken; das wäre nicht staatstragend. Und Julia Klöckner, die am 13. März gegen Dreyer in die Landtagswahl zieht, hält es ebenso.
Allzu heftige Angriffe würden der sonst so streitlustigen CDUlerin auch mehr schaden als nützen. Gründe dafür gibt es viele. Da ist der Umstand, dass Dreyer sich wegen ihrer Multiplen Sklerose nur bedingt als Zielscheibe eignet; Entsprechende Angriffe der CDU, die 55-Jährige wäre aufgrund ihrer Erkrankung nicht regierungsfähig, sorgten bereits für Empörung. Schwierig für Klöckner ist auch, wie beliebt ihre Konkurrentin ist. Gäbe es Direktwahlen, bekäme sie die Hälfte der Stimmen.
Lächelnd Zähne zeigen
Die "nette Malu", wie die eigene Partei sie nennt, ist in die Rolle der Landesmutter hineingewachsen, aber geerdet geblieben, heißt es. Geschliffenen Polit-Sprech sucht man bei ihr vergeblich. Eher bekommt man ein ehrliches "toll!" oder ein fragendes "echt?!" zu hören, versehen mit einem Lächeln, ihrem Markenzeichen. "Willst du jemandem die Zähne zeigen, dann lächle", heißt das passende rheinische Sprichwort.
Klöckners Auftreten ist brachialer. Das zeigen auch ihre Zuschreibungen – oft ist von der "schönen", der "kecken" oder der "frechen Julia" die Rede. Die einstige Weinkönigin, die für die Wahl stark abgenommen und das öffentlich zelebriert hat, liebt es, Angriffe mit burschikosem Witz zu parieren; das trägt ihr männliche Sympathien ein.
Hart und herzlich
Was beide verbindet, ist ihr Ehrgeiz – und ihre Unerbittlichkeit. Dass die stets freundliche Dreyer hart sein kann, bewies sie nach der Amtsübernahme von Kurt Beck: Der sah sich 2013 zum Rücktritt gezwungen, da das Land am Nürburgring eine halbe Milliarde in einem Freizeitpark versenkt hatte; Dreyer übernahm ohne Zögern – und räumte auf: Sie tauschte die halbe Ministerriege aus.
Auch Klöckner sorgte für Ordnung in ihrer Partei. Bevor sie kam, hatte sich die CDU jahrelang von einem Führungskampf zum nächsten gehantelt; auch Skandale ließen die Partei in der Wählergunst immer weiter absacken. Erst Klöckner, die 2009 ihr Amt als Staatssekretärin in Berlin aufgab, um nach Mainz zu siedeln, führte die Partei wieder in lichte Höhen.
Kronprinzessin
Spätestens seit diesem Zeitpunkt haftet der 40-Jährigen ein weiterer Titel an – jener der Kronprinzessin. Schon 2006, kurz nachdem Angela Merkel die Wahl gewonnen hatte, holte sich die Kanzlerin die wortgewaltige Rheinländerin in den Parteivorstand; es hieß, sie wolle die junge Wertkonservative aufbauen – und bändigen. Die Wahl, die sie zu schlagen hat, kommt so einer Bewährungsprobe gleich.
Umso bedeutsamer ist das Verhalten, das die 40-Jährige gegenüber der Kanzlerin an den Tag legt. Vor einem halben Jahr noch, als die CDU mit komfortablen 42 Prozent auf einen sicheren Sieg spekulieren konnte, stand Klöckner stets fest an der Seite der Kanzlerin. Seit sich die Lage im Land durch die Flüchtlingskrise verändert hat, versucht sie sich aber von Merkel zu distanzieren – im Glauben, das würde ihre sinkenden Umfragewerte steigen lassen.
Pattstellung
Gebracht hat das bisher herzlich wenig. Nur eine Woche vor der Wahl liegen SPD und CDU gleichauf bei etwa 35 Prozent – ein Patt, das auch Berlin unruhig werden lässt. SPD-Chef Gabriel sprach sogar von der "Mutter aller Schlachten", die nun geschlagen werde – wenn die SPD nach 25 Jahren an der Macht verliert, schadet das auch ihm, dem angeschlagenen Parteichef. Landet die CDU auf Platz zwei, fällt dies auch auf Berlin zurück – auf die ebenso angeschlagene Kanzlerin.
Dass sich durch den Einzug der AfD weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb ausgeht, macht die Sache noch vertrackter. Derzeit wären nur eine Ampel oder eine große Koalition möglich – das lehnt aber vor allem Dreyer vehement ab. Mit Klöckner reden, das wolle sie nicht – da trete sie eher zurück.
Ich oder sie eben.