Politik/Ausland

Deutschland rollt der Türkei den roten Teppich aus

Die Gesten waren groß: Eine erstmalige Einladung zu Regierungskonsultationen, die sonst nur engen Partnern wie Frankreich oder Italien vorbehalten sind, ein Empfang mit militärischen Ehren – derartige Privilegien für die Türkei wären in Berlin noch vor Kurzem undenkbar gewesen.

Dass Kanzlerin Merkel den türkischen Premier Ahmet Davutoglu am Freitag mehrere Stunden zu sich gebeten hat, zeigt, wie erpressbar sie sich gemacht hat. Denn die Türkei ist jener Staat, den sie braucht, um den Strom an Flüchtlingen zu stoppen; das Gros der 1,5 Millionen, die 2015 nach Europa kamen, schafften dies über den Bosporus. Schon im November wurde deshalb ein Tauschhandel zwischen Brüssel und Ankara paktiert. Drei Milliarden Euro Hilfsgelder an Ankara, Visafreiheit für türkische Staatsbürger in der EU, sogar weitere Schritte im EU-Beitrittsprozess wurden in Aussicht gestellt. Im Gegenzug verpflichtete sich die Türkei, die Seegrenze zu Griechenland zu sichern, gegen Schlepper vorzugehen.

Wenig Fortschritt

Allein, passiert ist seither nicht viel. Das Geld ist nicht geflossen, weil Italien blockiert; die Passage in der Ägäis ist ähnlich durchlässig wie vor ein paar Monaten. Die Türkei hat nur die Zusage eingelöst, syrischen Flüchtlingen Arbeitserlaubnisse auszustellen; danach hat sie aber umgehend ihren Preis nach oben gesetzt: Die ersten drei Milliarden seien nur dazu da, "den politischen Willen zur Lastenteilung zu zeigen", sagte Davutoglu schon vor den Gesprächen. Man hofft auf regelmäßige Zahlungen aus Brüssel.

Mehr Zeit

Ob er die bekommen wird, ließen die beiden nach dem Treffen unerwähnt. Man blieb ohnehin vage, betonte das Gemeinsame – und verwies darauf, dass es Zeit brauche, um den Aktionsplan umzusetzen. Bis zum EU-Gipfel am 18. Februar, bei dem sich die Türkei in der österreichischen Botschaft in Brüssel mit jenen Staaten trifft, die vom Flüchtlingsstrom hauptbetroffen sind, will man Resultate vorlegen. Bis dahin sollen auch konkrete Projekte für die Verteilung der EU-Milliarden erarbeitet werden. Entgegenkommen signalisierte Merkel in der Frage, ob die EU-Staaten Syrer kontingentweise aufnehmen könnten; zudem stellte sie bilaterale Kooperationen in Aussicht. Leise Kritik hörte man von ihr nur zur Grenzsicherung: Man könne nicht zulassen, dass "Schlepper und Schmuggler die Hoheit" in der Ägäis hätten.

Vage blieb sie übrigens auch bei problematischeren Themen – wie etwa die der Pressefreiheit in der Türkei: Die sei nur am Rande zur Sprache gekommen, so Merkel.