Abschieben und auffangen: Berlin setzt auf Abschreckung
Von Evelyn Peternel
Anfangs hieß es 800.000, dann eine Million, manch einer spricht von 1,5 Millionen: In Deutschland wird das Murren ob der Flüchtlingswelle immer lauter. Nun hat Berlin einen ersten Schritt gesetzt, um dem zu begegnen: Das erst vor einer Woche verabschiedete neue Asylgesetz tritt bereits am heutigen Samstag in Kraft. Ein eiliges Vorgehen mit großer Signalwirkung; denn neben einer Entlastung der Behörden soll das Gesetz vor allem Flüchtlinge von ihrer Reise nach Deutschland abhalten.
Keine Vorwarnung
Gelingen soll dies mit einer deutlich restriktiveren Abschiebepolitik. Bisher wurden Rückführungen nämlich recht nachlässig durchgeführt; 11.500 Abgeschobenen im laufenden Jahr stehen 52.000 Personen auf der Warteliste gegenüber. Abschiebestopps während des Winters sollen deshalb ebenso der Vergangenheit angehören wie Vorwarnungen – bisher führte eine Ankündigung oft dazu, dass die Asylsuchenden untertauchten.
Betreffen wird die neue Politik vor allem Asylsuchende vom Westbalkan, denn schon jetzt sind es vor allem Kosovaren, Serben und Mazedonier, die in ihre Heimat zurückgeschoben werden. In Krisengebiete wie den Irak werden jedoch nur Straftäter überstellt – oder es werden freiwillige Rückführungen durchgeführt. "Aber auch das ist abhängig von der Lage in der Region", sagt Sabine Schneider von der International Organization for Migration.
Transport-Probleme
Unklar ist auch, wie mit zwei anderen Ideen verfahren wird: Laut Guardian will Kanzlerin Angela Merkel beim Brüsseler Krisentreffen am Sonntag sichere Fluchtwege für Flüchtlinge aus dem Nahen Osten vorschlagen – ein Plan, den aber nur Diplomaten kolportieren; das Kanzleramt selbst will ihn nicht kommentieren.
Ähnlich unkonkret ist der Stand bei den viel diskutierten Transitzonen an der Grenze. Zwar vermeldete die Koalition am Freitag eine Einigung auf die von CSU und Merkel propagierten Auffangzonen, die SPD jedoch ziert sich, was eine Definition angeht. Fix ist, dass "Asylanträge, die offensichtlich aussichtslos sind, im grenznahen Gebiet beschleunigt geprüft werden", so Justizminister Maas.