Politik/Ausland

Flüchtlinge: Einsätze in Libyen fraglich, Italien hält an Militärmission fest

Zuerst musste der Pariser Elysée-Palast den französischen Präsidenten korrigieren, der die Einrichtung von Hotspots für Flüchtlinge in Libyen noch im Sommer angekündigt hatte: Nein, zu gefährlich, es werde aber in Niger und im Tschad vor Ort evaluiert, ob dort solche Zentren eingerichtet werden können.

Und dann dementierte die libysche Übergangsregierung von Premier Fajis al-Sarraj, bei dessen Italien-Besuch um die Entsendung von italienischen Kriegsschiffen in libysche Küstengewässer gebeten zu haben. Italien hatte bekannt gegeben, gemeinsam mit Libyen aktiv Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute stoppen zu wollen.

In Rom gab Regierungschef Paolo Gentiloni gestern dennoch grünes Licht für genau diese Mission. Marineschiffe sollen vor Libyen an der Seite der libyschen Küstenwache Menschenhandel übers Mittelmeer unterbinden. " Italien unterstützt aktiv die Bemühungen um Libyens Stabilisierung", so Gentiloni. Am Dienstag wird das Parlament über die Mission abstimmen. Laut La Repubblica soll der Stopp von Schmugglerbooten sowie die Rückbringung von Flüchtlingen nach Libyen einzig von der libyschen Küstenwache durchgeführt werden.

Verhaltenskodex

Das Gespräch zwischen Vertretern des italienischen Innenministeriums und NGO-Organisationen über den Verhaltenskodex bei der Rettung von Flüchtlingen ging gestern in eine letzte Runde: Dabei kam es laut Innenministerium zu "wichtigen Fortschritten". Schon vorab hatte Innenminister Marco Minniti klargemacht, dass es keine Zeit mehr zu verlieren gelte: "Das Dokument ist wichtig für die Sicherheit des Landes."

Bei dem Treffen in Rom waren Mitarbeiter von allen im Mittelmeer tätigen NGOsÄrzte ohne Grenzen, Moas, SOS Méditerranée, Sea Watch, Sea Eye, Proactiva Open Arms, LifeBoat, Jugend Rettet und Save the Children – anwesend. Am Montag soll das Dokument unterzeichnet werden.

Für einige Seenotretter ist dieser von der EU abgesegnete 12 Punkte-Verhaltenskodex mit Bauchweh verbunden. Wie ein Sprecher von Ärzte ohne Grenzen betont, gibt es bei einigen "widersprüchlichen und unklaren" Regeln Bedenken, ob sie den humanitären Prinzipien gerecht werden. Besonders der geforderte Polizeieinsatz an Bord sorgt für Unbehagen.

Weitere Brestimmungen: Nur im äußersten Notfall sollen die Schiffe der Hilfsorganisationen in libysche Hoheitsgewässer eindringen. Weiters müssen die Ortungsgeräte der Helfer stets eingeschaltet sein. Die NGO-Schiffe dürfen keine Lichtsignale senden, die Schmuggler zum Anlass nehmen könnten, neue Boote zu schicken.

Die privaten Seenotretter arbeiteten bisher bereits ohnehin eng mit der italienischen Küstenwache zusammen. Es wurden nur Maßnahmen ergriffen, die von der Einsatzzentrale in Rom angeordnet wurden. Wer den Verhaltenskodex nicht unterzeichnet, muss mit einen Verbot, in italienischen Häfen anzulegen, rechnen.

Es ist bekannt, dass die Regierung Gentiloni mit der neuen Libyen-Mission auch die Präsenz von NGO-Schiffen vor der libyschen Küste, die für 40 Prozent aller Rettungseinsätze verantwortlich sind, massiv eindämmen will.