"Sehe nicht, dass Russland ein strategischer Partner sein kann"
Von Irene Thierjung
Bei Berichten über Panzerbewegungen an der russisch-ukrainischen Grenze oder Waffenlieferungen an pro-russische Separatisten hören sie genau zu: die Menschen in den zwei Baltenstaaten Estland und Lettland, denen Bundespräsident Heinz Fischer und seine Frau Margit derzeit einen Besuch abstatten.
Die zwei Länder haben sich 1991 von der damaligen Sowjetunion losgesagt – und ihr Unbehagen gegenüber Moskau nie ganz abgelegt. Konsequent orientierten sie sich nach Westen, traten 2004 EU und NATO bei. Sowohl Estland als auch Lettland haben eine Grenze mit Russland und große russisch-sprachige Minderheiten (ein Viertel bzw. Drittel der Bevölkerung).
Thema Ukraine
"Wir leben nicht mehr in einem so friedlichen Europa wie beim letzten Besuch meines geschätzten Freundes 2007", sagte Ilves. Die dramatisch verschlechterte internationale Sicherheitslage zeige, wie wichtig die EU, eine gemeinsame Position ihrer Mitglieder und die Aufrechterhaltung des Dialogs sei. Der Besuch des russischen Präsidenten Putin in Wien vor einer Woche wurde in Estland praktisch nicht wahrgenommen – wohl bedingt durch die Mittsommer-Feierlichkeiten. Doch Präsident Ilves fand klare Worte: Auf die Frage österreichischer Journalisten, wie er den Besuch und die Unterzeichnung eines Vertrags zum Bau des österreichischen Abschnitts der umstrittenen russischen Southstream-Pipeline sehe, antwortete Ilves, man könne angesichts derart vieler Verletzungen internationaler Verträge durch Russland nicht zur Tagesordnung übergehen. "In einer derart gefährlichen Situation wie dieser sehe ich nicht, dass Russland ein strategischer Partner sein kann."
Fischer aber verteidigte Putins Empfang in Wien: "Österreich vertritt den Standpunkt, dass man in einer Zeit wachsender Spannungen Gesprächskanäle aufrechterhalten muss." Man habe Putin klargemacht, dass man wie die gesamte EU die Annexion der Krim als Verletzung internationalen Rechts ablehne und Poroschenko unterstütze.
Nach dem Besuch im Präsidentenpalast stand für Fischer ein Treffen mit Estlands 34-jährigen Premier Taavi Roivas auf dem Programm. Dieser warnt immer wieder vor Russland und tritt für eine dauerhafte Stationierung von NATO-Truppen im Baltikum zum Schutz der dortigen Bevölkerung ein.