Politik/Ausland

EU-Resolution zu Armenier-Völkermord

Armenier in der ganzen Welt erinnern am 24. April an den Jahrestag des Beginns der Vertreibungen. Das EU-Parlament hat nun die Türkei aufgefordert, den Völkermord an Armeniern vor 100 Jahren im Osmanischen Reich anzuerkennen. In einer am Mittwoch in Brüssel verabschiedeten Entschließung forderten die Abgeordneten, "den Völkermord an den Armeniern anzuerkennen und so den Weg für eine wirkliche Aussöhnung der Türken und der Armenier zu ebnen".

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bereits zuvor eine Anerkennung der Gräueltaten an den Armeniern als Völkermord kategorisch abgelehnt. "Für die Türkei ist es niemals möglich, eine solche Sünde, eine solche Schuld anzuerkennen", sagte Erdogan in Ankara nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu. Welche Entscheidung das Europaparlament auch treffe, "sie wird zum einem Ohr rein- und zum anderen rausgehen".

In der Resolution wird Ankara auch aufgefordert, "das Gedenken an den 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern zum Anlass zu nehmen, ihre Bemühungen, einschließlich der Gewährung des Zugangs zu den Archiven, fortzusetzen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen". Armenien und die Türkei werden vom EU-Parlament aufgefordert, "sich Beispiele für eine erfolgreiche Aussöhnung europäischer Nationen zum Vorbild zu nehmen und eine Agenda in den Mittelpunkt zu rücken, bei der die Zusammenarbeit der Völker an erster Stelle steht". Zuvor hatte die EU-Kommission die Türkei und Armenien zu weiteren Schritten in Richtung Versöhnung aufgefordert. Das EU-Parlament erinnerte in seiner Resolution zudem daran, "dass immer mehr (EU-)Mitgliedstaaten, einschließlich ihrer Parlamente, den im Osmanischen Reich begangenen Völkermord an den Armeniern anerkennen".

Konflikt mit Papst Franziskus

Das EU-Kandidatenland Türkei hat sich entgegen der Meinung zahlreicher Historiker bisher geweigert, die Gräueltaten an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als "Völkermord" anzuerkennen. Am vergangenen Sonntag hatte Papst Franziskus die Massaker und Vertreibungen zum zweiten Mal als "ersten Völkermord im 20. Jahrhundert" eingeordnet. Es kam zu schweren diplomatischen Irritationen zwischen dem Heiligen Stuhl und Ankara. Erdogan warnte ihn, solchen "Unsinn" zu wiederholen.

Das Europäische Parlament hatte bereits 1987 den Völkermord an den Armeniern anerkannt. Mehr als 20 Einzelstaaten, darunter Belgien, Schweden, die Schweiz und Frankreich folgten, Österreich und Deutschland, die im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanischen Reich verbündet waren, vom Massenmord wussten, aber nicht dagegen einschritten, sind nicht darunter.

Deportationen und Massaker

Armenier weltweit erinnern am 24. April an den Jahrestag des Beginns der Vertreibungen. Bei etwa zwei Jahre dauernden Deportationen und Massakern starben laut armenischen Schätzungen bis zu 1,5 Millionen Menschen, für sie ist es ein "Völkermord". Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches geht von deutlich weniger Opfern aus. Die osmanische Führung warf den christlichen Armeniern vor, mit dem Weltkriegs-Gegner Russland zusammenzuarbeiten.

Bundespräsident Heinz Fischer reist trotz Einladung "aus Termingründen" nicht zum zentralen Gedenken an den Völkermord nach Eriwan, mehr dazu. Demnach wird der für Armenien zuständige Botschafter Österreich vertreten. Erwartet werden neben Wladimir Putin aus Russland auch mehrere Staatspräsidenten aus EU-Ländern Frankreich, Deutschland, Griechenland und Zypern.

Gefragt, ob man in Armenien enttäuscht sei, dass Fischer nicht komme, betonte der armenische Botschafter in Wien, Arman Kirakossian, gegenüber der APA: "Natürlich erwarten wir, dass andere Länder das Gedenken an den Völkermord würdigen." Kirakossian erhofft sich zum 100. Jahrestag vom österreichischen Nationalrat, "dass er den Völkermord an den Armeniern anerkennt".