Künftig sollen Großanleger bei Bankpleiten zahlen
Die EU will schon bald Großanleger systematisch für die Sanierung und Abwicklung von Banken zur Kasse bitten können. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will einen Gesetzesentwurf zur Bankenabwicklung noch vor der Sommerpause verabschieden. Dieser sehe ausdrücklich vor, "dass vorrangige Gläubiger und nicht abgesicherte Einleger an den Kosten einer geordneten Insolvenz beteiligt werden können, wenn es nicht anders geht." Gesetzlich geschützt seien nur Sparkonten bis 100.000 Euro, beton Barnier gegenüber dem Handelsblatt.
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) kritisierte indes den Rückgriff auf Bankkunden bei der Sanierung des zypriotischen Bankensystems. In einer Mitteilung vom Donnerstag hieß es, das Vorgehen in Zypern habe möglicherweise einen Präzedenzfall geschaffen, der bei künftigen Rettungsaktionen Anwendung finden könnte. Der Rückgriff auf Großanleger, Gläubiger und Aktieninhaber sei verglichen mit vorherigen Fällen ein klarer Richtungswechsel.
Moody's und Fitch hatten den zypriotischen "Bail-in", bei dem im Gegensatz zu einem "Bail-out" Geschäftsbanken nicht mit Steuergeldern gestützt werden, ebenfalls kritisiert. Auch das Krisenmanagement der europäischen Politik war mehrfach moniert worden.
"Klare Spielregeln schaffen"
Barnier will mit seinem Vorstoß für Klarheit sorgen. "Dann gibt es klare Spielregeln für alle, die ihr Geld in Banken investieren", sagte er. Die beiden neuen EU-Richtlinien sollten zudem sicherstellen, dass Geldhäuser in allen EU-Staaten nationale Fonds für die Abwicklung sowie die Einlagensicherung schafften. Der Vorschlag der EU-Kommission wird derzeit vom Europaparlament beraten, das ebenso wie die EU-Staaten zustimmen muss. Barnier hält zudem den Aufbau einer EU-Abwicklungsbehörde für notwendig - bis zum Sommer werde er dafür einen Vorschlag präsentieren.
In der Debatte um die Zypern-Rettung stellte sich EU-Kommissar Barnier indirekt hinter Äußerungen von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, der den Fall Zypern als Modell für die künftige Krisenbewältigung in der Eurozone bezeichnet, seine Äußerungen später aber relativiert hatte. Barnier sagte dazu: "Mir liegt es fern, Herrn Dijsselbloem zu widersprechen."
Heftige Kritik von Juncker
Auf heftige Kritik stieß Dijsselbloem inzwischen bei seinem Vorgänger, dem luxemburgischen Regierungschef Jean-Claude Juncker. "Es stört mich, wenn man so tut, als ob die Art und Weise, wie das Zypern-Problem zu lösen versucht wurde, als Blaupause für zukünftige Rettungspläne gilt", sagte Juncker am Mittwoch im "heute-journal" des ZDF. "Es ist keine Blaupause. Wir dürfen nicht den Eindruck geben, als ob es zukünftig so wäre, dass Spareinlagen in Europa nicht sicher wären. Wir dürfen nicht den Eindruck geben, als ob Investoren ihr Geld in Europa nicht anlegen sollen."
Einen Vergleich Zyperns mit Luxemburg, das ebenfalls einen im Vergleich zur Wirtschaftsleistung überdimensionierten Bankensektor hat, wies der Politiker zurück: "Es gibt keine Parallelen zwischen Zypern und Luxemburg, und wir lassen uns auch keine Parallelen aufzwingen." In Luxemburg sind vor allem Töchter europäischer Banken und Fondsgesellschaften vertreten. "Wir locken nicht russische Gelder mit hohen Zinssätzen nach Luxemburg", betonte Juncker.