Bankenunion: Wer zahlt für marode Banken?
Von Evelyn Peternel
Brüssel steht am Donnerstag und Freitag ganz im Zeichen der Banken: Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder treffen sich, um über die Vollendung der Bankenunion zu beraten. Der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, wird die Staatenlenker aufrufen, sich auf die Bilanzchecks der 124 größten Geldhäuser im Euroraum vorzubereiten – darunter sind zumindest sechs aus Österreich, wenn nicht mehr.
Klingt alles gut – doch was genau passieren wird, wenn eines der Institute bei diesen Tests durchfällt, ist noch nicht so klar. Denn die EZB in Frankfurt will die Aufsicht über die Banken ab Herbst 2014 übernehmen - und bis dahin müssen die Bilanzen der Geldhäuser in trockenen Tüchern sein. Damit soll sichergestellt sein, dass die Banken danach seltener in Schieflage kommen – der Gedanke, eine solche Aufsicht zu installieren, wurde ja schließlich aus der Lehman-Pleite abgeleitet.
Wer zahlt denn nun?
Die EZB jedenfalls prüft die 124 Institute – die immerhin 85 Prozent des europäischen Bankensystems ausmachen – auf Herz und Nieren, indem sie einer Risikobewertung, einer Prüfung von Aktiva-Qualität und einem Stresstest unterzogen werden. Der wichtigste und strittigste Punkt allerdings ist die vorgeschriebene Eigenkapitalquote von acht Prozent: Wer schießt Geld nach, wenn ein Institut diese nicht erreicht?
Da davon auszugehen ist, dass einige Banken – vor allem in den Krisenländern – durchaus Zuschüsse brauchen, gibt es dafür auch einen vagen Plan. Laut Einigung der EU-Finanzminister müssten die Institute ihr Eigenkapital selbst erhöhen, indem es Bankanleihen in Aktien tauscht. Da dies aber möglicherweise ein schwieriges Unterfangen wird, da eine solche Eigenkapitalerhöhung das Vertrauen in die Bank nicht stärkt und Investoren möglicherweise flüchten lässt, drängen einige EU-Länder darauf, den Euro-Rettungsschirm ESM heranzuziehen.
Alle – oder nur ein Staat
Dies hieße dann umgelegt: Hat eine Bank nicht genügend Eigenkapitalquote, soll der ESM etwas nachschießen. Dieses Geld stammt dann aus dem gemeinsamen Steuertöpfen der EU-Länder. Verkürzt gesagt, müsste dann der EU-Steuerzahler für den Geldmangel bei der Bank aufkommen – und nicht mehr der Staat selbst.
Genau das ist ein großer Knackpunkt in den Verhandlungen: Während die südeuropäischen Länder ein solches Szenario favorisieren, kann sich etwa Deutschland gar nicht damit anfreunden. Kanzlerin Merkel plädiert dafür, eine klare Haftungskaskade einzuführen, bei der zuerst die Bankeigentümer und ihre Gläubiger zur Rekapitalisierung herangezogen würden und erst zuletzt der ESM.
Wer darf den Stecker ziehen?
Heftig umstritten bleiben auch die Rechtsgrundlage für Eingriffe in die Eigentümerrechte der Anteilseigner und welche Institution einer Pleitebank den Stecker ziehen können soll. Uneinig sind sich die Euro-Länder darüber, wie eine Abwicklungsentscheidung rechtlich abgesichert werden soll. Dies ist angesichts der zu erwartenden Klagen von Eigentümern und Gläubigern weit mehr als eine Formalität.
Die deutsche Regierung etwa sieht im EU-Vertrag keine Basis, der EU-Kommission diese Entscheidung zu übertragen, und drängt in einem ersten Schritt deshalb auf ein Netzwerk der nationalen Bankenaufsichtsbehörden. Im zweiten Schritt könnte dann der EU-Vertrag geändert werden, was in der Regel lange dauert.