Politik/Ausland

Erst schießen, dann prüfen, ob der Verdächtige sich rührt

"Make it home for dinner" – "Sei zum Abendessen daheim" – lautet das oberste Gebot der amerikanischen Polizisten. Es vermittelt den Eindruck großer Gefahr, die den Gesetzeshütern auf Streife begegnen könnte.

Wie realistisch ist diese Gefahr wirklich? Und von wem geht sie aus? Die Tötung zweier Afroamerikaner durch weiße Polizisten diese Woche wurde mehrheitlich als unverhältnismäßige Polizeigewalt begriffen, sie ließ die Diskussion um die Ausbildung der Cops neu aufleben.

Das Training der angehenden Ordnungshüter ist nicht einheitlich geregelt. Durchschnittlich 19 Wochen durchlaufen die Anwärter verschiedenste Ausbildungsstationen: Rechtslehre, der Umgang mit der Waffe, Gefangennahme, Konfliktmanagement und Verteidigungstraining stehen auf dem Stundenplan. "Was sie nicht lernen: Emotionale Intelligenz, soziale Intelligenz", sagte Maki Haberfeld, Professorin für Recht und Polizei in New York, dem Sender NPR. Größter Kritikpunkt sind Trainingsvideos, die angeblich massive Übergriffe an Beamte zeigen und die junge Rekruten auf ihre Einsätze vorbereiten sollen.

Eine Lösung für solche Situationen wird auch gleich angeboten: "shoot first". Schießen, um zu überleben, rechtfertigt die Polizei dieses Credo. Bei kleinsten Anzeichen von Gefahr durch das Gegenüber, beispielsweise das Greifen nach einem Gegenstand in der Tasche, darf geschossen werden. Das Risiko, getötet zu werden, sei größer als das Risiko, einen Fehler zu machen. Den Gegner nur zu verwunden ist dabei keine Option; die Schützen werden dazu ausgebildet, ihr Ziel durch Schüsse in den Rumpf handlungsunfähig zu machen, was meistens zum Tod führt.

Armee-Ausrüstung

Problematisch ist dabei nicht nur das Schießen als Präventionsmaßnahme, sondern auch die Ausrüstung der Streifenpolizisten. Dank des vom US-Verteidigungsministerium initiierten "Programm 1033" gelangen lokale Sicherheitsbehörden an ausrangierte Waffen der Armee. Die Polizei wird zunehmend militarisiert.

Warum die Handfeuerwaffen dabei meistens auf die afroamerikanischen Mitbürger gerichtet werden, untersuchte eine Studie aus dem Jahr 2007: In simulierten Konfliktsituation empfanden schwarze wie auch weiße Probanden Zielpersonen mit dunkler Hautfarbe grundsätzlich als bedrohlicher und drückten eher den Abzug ihrer fiktiven Pistole. Ein Beweis dafür, wie tief Stereotype und Rassismus in der US-Bevölkerung verankert sind.