Erdogan gegen Pfarrer Gauck
Von Susanne Bobek
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will die Auslieferung seines in den USA lebenden Rivalen Fethullah Gülen erreichen. Die Türkei habe mehr als zehn US-Auslieferungsgesuchen stattgegeben, erklärte er. Nun erwarte man das Gleiche vom NATO-Verbündeten USA.
Dienstag war ein Tag der Abrechnung. Erdogan und die ihm verbundenen Medien waren erbost über den auf Staatsbesuch weilenden deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck, der sich viele Stunden mit Erdogans anderem Rivalen, Staatschef Abdullah Gül, offenbar blendend unterhielt. Erdogan hatte Gauck nur am Montag zu einem Mittagessen getroffen. Dass er danach TU-Studenten in Ankara vor einer "Gefährdung der Demokratie" warnte und alle Versuche verurteilte, die Unabhängigkeit der Justiz und der Meinungsfreiheit zu beschneiden, kam nicht gut an. "Ich habe dem deutschen Staatspräsidenten gesagt, dass wir seine Einmischung in die inneren Angelegenheiten unseres Landes niemals dulden werden", sagte Erdogan am Dienstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu. Wegen der aus seiner Sicht belehrenden Worte des früheren Pfarrers Gauck fügte Erdogan bei einer Fraktionssitzung seiner Partei AKP hinzu: "Der deutsche Staatspräsident denkt wohl, er sei immer noch ein Priester."
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Seit den Gezi-Unruhen in Istanbul bezieht Gül immer öfter Stellung gegen Erdogan. Verschwörungstheorien, mit denen Erdogan Korruptionsverdächtigungen abtut, nannte Gül ein Erklärmodell "aus der Dritten Welt". Gauck auf die Kritik: "Ich bin eher noch zurückhaltend gewesen."