Staatsauftrag: Zuschlag erhielt Geschäftspartner des Präsidenten
Von Stefan Schocher
Es sind Zeiten, da vor allem Medien und Zivilgesellschaft in der Ukraine zur Anklagebehörde werden – während sich die staatlichen Organe zuweilen im Wirbel von Reformen und Restrukturierungen ducken. Und es sind eben Medien und Zivilgesellschaft und nicht die Staatsanwaltschaft, die sich derzeit mit einem Thema befassen, das auch Präsident Petro Poroschenko betrifft. Es geht um einen Staatsauftrag für einen einst engen Geschäftspartner. Schauplatz: der Energiesektor, dessen Reform ganz am Anfang steht.
Es existiert eine zentrale Regulierungsbehörde, über die Tarife geregelt werden. Alle Energiemonopolisten müssen Investitionen und damit verbundene Tariferhöhungen über diese Behörde genehmigen lassen. Auf diesem Weg erhielt der staatliche Konzern Ukrenergo zuletzt die Genehmigung – und damit das Okay für Tariferhöhungen – zum Erwerb von gleich 37 Transformatoren. Wie ein mit den Abläufen des Antrags vertrauter Insider sagt, ohne, dass diese Anschaffung gerechtfertigt gewesen wäre. Protest innerhalb der Behörde habe dann Drohungen zur Folge gehabt – wiederum mit der Konsequenz, dass einige hohe Vertreter die Behörde aus Protest verließen. Dem aber nicht genug: Bei der Ausschreibung für die Transformatoren erhielt ein Werk im zentralukrainischen Saporischja den Zuschlag. Besitzer ist Konstantin Grigorischin – ein Mann, den mit Poroschenko langjährige Geschäftsbeziehungen verbinden. Und weiter: Ausgeschrieben wurden die Transformatoren zum doppelten Preis als marktüblich.
Schiefe Optik
Poroschenko schließt kategorisch aus, dass eine Bekanntschaft zu ihm vorteilhaft sei, um Geschäfte zu machen in der Ukraine. Die Optik aber ist schief. Vor allem in der Ukraine, war Poroschenko doch mit dem Versprechen ins Amt gewählt worden, er werde gegen Oligarchismus und Freunderlwirtschaft vorgehen. Zudem hatte er versprochen, eigene Anteile zu verkaufen. Das ist nicht geschehen, er hat sie aber ausländischen Investmenthäusern treuhänderisch überlassen.
Für einige Oligarchen wurde es auch tatsächlich eng. Zum Teil wurden auch dubiose Privatisierungen rückgängig gemacht.
Während aber der IWF etwa Privatisierungen fordert, und solche auch im Allgemeinen vorangetrieben werden, stocken diese im Energiesektor. Centrenergo, der zweitgrößte Kraftwerksbetreiber der Ukraine, sollte privatisiert werden. Es mangelt auch nicht an Interessenten. Anscheinend mangelt es aber an Willen zur Umsetzung. Eingeweihte sprechen von Sabotage.