Politik/Ausland

Was den Bienenvölkern zusetzt

Den Bienen geht es schlecht, das ist der Schlüssel-Satz am Beginn des Films „More than honey“, der im vergangenen Oktober in den heimischen Kinos lief und einen Appell für eine naturnahe Landwirtschaft war. Erschreckend hohe Todesraten unter den Bienenvölkern in den vergangenen Jahren zwangen die Politik zum Handeln. Die EU-Kommission lässt heute, Montag, über ein Teilverbot einiger bienengiftiger Chemikalien (Neonikotinoide) abstimmen.

Doch diese sind nur ein Teil des Problems. Mehrere Faktoren begünstigen das Bienensterben. Leopold Girsch, Landwirtschaftsexperte der Ages, nennt das „multikausal“: „Der maßgebliche Schaden wird durch die Varroa-Milbe (ein Bienenparasit, Anm.) ausgelöst, sowie durch Virosen und durch Nosema (Darmerkrankung erwachsener Bienen, Anm.) verursacht, auch Witterungseinflüsse spielen eine Rolle.“

Girsch steht, bildlich gesprochen, zwischen den Fronten, die von der Landwirtschaft einerseits und dem Naturschutz sowie dem Europäischen Imkerverband andererseits besetzt werden. Die Imker fordern ein generelles Verbot bestimmter bienenschädlicher Insektizide.

Girsch: „Im heurigen Winter waren die Verluste etwa halb so hoch wie im Vorjahr. Daran sieht man, dass es nicht an den Neonikotinoiden liegen kann, denn die sind auch im Vorjahr zum Einsatz gekommen.“

Die Bauern fürchten, dass österreichischer Mais, aber auch andere Kulturen wie Tiefkühlerbsen aus dem Marchfeld ohne Pflanzenschutzmittel nicht mehr konkurrenzfähig sein werden. „Nur mit Fruchtfolge wird es beim Mais nicht gehen“, sagt der Pflanzenbau-Direktor der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, Ferdinand Lembacher. „Aber ohne auch nicht“, sagt Girsch. Tatsächlich würde ein Verbot der Neonikotinoide, mit dem auch Landwirtschaftsminister Berlakovich rechnet, beim Mais erst 2014 schlagend, beim Raps schon heuer.

Forschungsbedarf

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2012 hat die Ages eine Erhebung über die Schäden durch Neonikotinoide und Fipronil – ein Kontaktgift – durchgeführt. Ergebnis: 0,1 Prozent der Schäden an Bienenvölkern waren diesen Pflanzenschutzmitteln zuzurechnen. Für Global 2000 und anderen Umweltschützern ist das nicht glaubwürdig. Girsch dazu: „Das ist die Größenordnung, eine andere Zahl gibt es nicht.“ Weiteren Forschungsbedarf sieht er allerdings: „Es ist nicht auszuschließen, dass mit Chemikalien belasteter Pollen im Winterfutter die Verluste verstärkt.“ Neonikotinoide geben den bereits durch Viruserkrankungen geschwächten Tieren den Rest, sozusagen.

Anders ist laut Girsch die Situation in den Maisanbau-Hotspots der Steiermark: „Da ist es nicht die Varroa-Milbe, sondern dort sind es primär die Neonikotinoide, die Einzelbienen töten – und die Völker schädigen.“

Andererseits sei die Saatgutbeizung die treffsicherste Form des chemischen Pflanzenschutzes. Bei Spritzmitteln gelangen nicht immer 100 Prozent auf die Blätter.

Saatgut:
Zehn Tonnen an Neonikotinoiden werden in Österreich pro Jahr auf Feldern ausgebracht.

Mais in Zahlen:
100 km² Auf dieser Fläche wird in Österreich Mais-Saatgut vermehrt – das ist mehr als in Deutschland. Die Gesamtanbaufläche in Österreich beträgt 3000 km², Saat- und Körnermais zusammen.

Chemieverzicht
Viele der verwendeten Insektizide in Haus und Garten sind für Bienen gefährlich. Die Tiere leiden an Orientierungslosigkeit und finden nicht mehr in den Stock zurück. Der für Bienen gefährliche Wirkstoff Imidacloprid ist auch in Fensterfallen für Stubenfliegen und in Düngestäbchen für Zierpflanzen enthalten.

Bio-Honig kaufen
Im Biolandbau kommen keine chemisch-synthetischen Pestizide und Saatgutbeizmittel zum Einsatz. Der Aufdruck „Aus EG- und Nicht-EG-Ländern“ bedeutet, dass der Honig aus einem beliebigen Land der Welt kommen kann.

Bienenweiden
Nicht nur Honigbienen, auch mehr als 700 Wildbienen- und Hummelarten sind in Österreich für die Bestäubung wichtig. Blumenwiesen, Totholzhaufen oder ein Nützlingshaus bieten Unterschlupf und Nistmöglichkeiten.

Bienen als Schnelltester
Neben ihrer Bestäubungsleistung sind die Bienen ein unersetzliches Frühwarnsystem vor der gefürchteten Obstbaumseuche, dem Feuerbrand. Ages-Forscher ziehen ihre Gen-Proben direkt in Bienenstöcken, um den Auslöser, ein Bakterium, nachzuweisen. Innerhalb nur einer Saison kann Feuerbrand einen gesamten Obstgarten zerstören.