Wahlkampf-Vorboten: CDU liebäugelt mit Wehrpflicht
Von Evelyn Peternel
"Der kluge Mann baut vor", sagt Thomas de Maizière am Mittwoch, als er sein neues Zivilschutzkonzept vorstellt. Was der deutsche Innenminister damit meint, ist vordergründig das überarbeitete, 70-seitige Programm, mit dem die Bevölkerung mit Notfallplänen und Handlungsanweisungen auf den Katastrophenfall vorbereitet werden soll. Irgendwie passt der Satz auch aber auch auf ihn selbst: In dem Papier findet sich nämlich ein Verweis auf eine Wiedereinführung der Wehrpflicht – und damit ein erster Vorgeschmack auf den Bundestags-Wahlkampf.
In gut einem Jahr wählt Deutschland neue Volksvertreter, auch die Kanzlerfrage stellt sich dann. Angesichts der wachsenden AfD, die den politischen Diskurs mit immer martialischeren Tönen auflädt, steht die CDU unter Zugzwang – bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin in ein paar Wochen droht den Konservativen eine Schlappe. In der Flüchtlingspolitik hat man die Tonlage deshalb bereits verschärft, und nach zwei islamistisch motivierten Anschlägen hat man ein Maßnahmenpaket für die Exekutive geschnürt. Da scheint es nur allzu logisch, dass Merkels CDU-Minister auch weiter vermehrt auf Sicherheitsthemen setzen.
"Überhaupt gar nicht"
Thomas de Maizière stellt das jedoch elegant in Abrede. "Ich wünsche, dass uns größere Krisen erspart bleiben. Aber wir müssen uns vorbereiten", argumentiert er das Konzept – Planspiele in puncto Wehrpflicht will er daraus nicht herauslesen. "Überhaupt gar nicht" stünde eine Wiedereinführung zur Debatte, so der Bundesinnenminister. Warum dies dann aber im Konzept explizit angeführt ist, vermag er nicht zu erklären.
Die Debatte hat sich ohnehin verselbstständigt. In de Maizières eigener Partei und in der CSU gibt es viele Freunde dieser Option, sie trommeln die Wiedereinführung des Diensts an der Waffe nun auch medial. Die SPD hingegen wettert dagegen, nennt die Überlegungen "abstrusen Stuss". Bei den Sozialdemokraten war auch die Präsentation des Zivilschutzkonzeptes auf Ablehnung gestoßen. Man rieb sich an den "Hamsterkäufen", die den Bürgern empfohlen wurden, monierte, dass man "die Leute nicht verunsichern" dürfe, so Fraktionschef Thomas Oppermann. Auch das sind Wahlkampf-Vorboten: Die SPD-Minister haben das Konzept mitbeschlossen.
Bürger in Angst
Rechtlich machbar wäre eine Wiedereinführung der Wehrpflicht jedenfalls ohne Umstände. Sie wurde 2011 nur ausgesetzt, nicht abgeschafft; der Bundestag kann sie jederzeit mit einfacher Mehrheit wieder einführen. Der Schritt damals war übrigens dem Stimmungsbild der Bevölkerung geschuldet – die Mehrheit der Deutschen fühlte sich sicher, die Wehrpflicht schien überholt. Heute, so hat eine Umfrage im Auftrag der FAZ jetzt ergeben, ist das nicht mehr so: Das Sicherheitsgefühl ist erodiert, 46 Prozent fordern dezidiert mehr Anstrengungen zum Schutz der Bevölkerung. Das scheint die CDU im Vorwahlkampf registriert zu haben. "Die kluge Frau baut vor", sagte de Maizière deshalb auch im Nachsatz – das passt ganz gut zu Angela Merkel.