Liebesgrüße an Moskau: SPD probt Wahlkampf
Von Evelyn Peternel
Dass Altkanzler Gerhard Schröder ein bekennender Putin-Freund ist, ist nicht neu. Aber SPD-Chef Sigmar Gabriel? Und sogar Frank-Walter Steinmeier?
Seit der deutsche Außenminister, der eigentlich für seine Besonnenheit bekannt ist, davor warnte, Russland mit "Säbelrasseln und Kriegsgeheul" und "symbolischen Panzerparaden" an der NATO-Ostgrenze zu verärgern, sind die Irritationen in Deutschland und im Ausland groß. Schließlich ist Steinmeier führender Kopf beim Versuch der Lösung des Ukraine-Konflikts – und das NATO-Manöver im Baltikum, das er da so harsch kritisierte, hat er Wochen zuvor auch selbst abgenickt.
Was ist da passiert? Ein taktisches Manöver: Steinmeier und sein Parteichef Sigmar Gabriel trommeln seit Langem für die Aufhebung der Sanktionen gegen Moskau. Allein, die Aussetzung der Strafmaßnahmen konnten sie damit nicht erreichen (siehe hier) – das muss vielleicht auch gar nicht sein. Die Signale, die gesendet werden, sind ohnehin innenpolitischer Natur. Die SPD bereitet das vor, was in Deutschland "Breilibü" genannt wird; ein "breites linkes Bündnis" mit Grünen und der Linken, mit dem die SPD nach der Wahl 2017 den Kanzler stellen will. Dass Sigmar Gabriel parallel zu Steinmeiers Vorstoß in einem Spiegel-Gastbeitrag offen für ein solches eintrat, war ein erstes Signal – dass er kommenden Montag eine Moskau-Reise unternimmt, um mit Wladimir Putin persönlich die Sanktionsfrage zu erörtern, ein noch deutlicheres.
Ruck nach links
Dass die CDU, die stets in großer Distanz zu Moskau stand, auf Steinmeiers und Gabriels Vorstöße brüskiert reagiert, wundert also wenig. Doch auch für die SPD ist der Linksruck ein Novum: Eine Annäherung an Moskau – und damit an die russlandfreundliche Linkspartei – galt in der Partei lang als undenkbar, schließlich ist die durch eine Abspaltung der SPD entstanden. Diesen Graben versucht man nun zuzuschütten. Gabriel hat sich kürzlich mit Linken-Gründer Oskar Lafontaine – seinem Vorgänger als SPD-Chef – getroffen.
Dass Steinmeier und Gabriel nun parallel einen Vorgeschmack auf den Wahlkampf 2017 liefern, mag akkordiert gewesen sein – oder auch nicht: Denn Kanzlerkandidaten hat die SPD bis dato keinen benannt; beide Politiker gelten als potenzielle Bewerber. Gabriel wird nachgesagt, eine Kandidatur eher vermeiden zu wollen. Dass Steinmeier, der schon 2009 erfolglos gegen Merkel angetreten war, es nochmals versucht, schien bis zuletzt ebenso unwahrscheinlich.
Das könnte sich nun aber geändert haben. Seit einiger Zeit ist Gerhard Schröder wieder öfter in den höchsten Parteizirkeln präsent – und der gilt ja nicht nur als großer Putin-Versteher, sondern seit jeher auch als gewichtiger Förderer Steinmeiers.