Politik/Ausland

Deutschland: Franziska Brantner wird neue Co-Parteichefin der Grünen

Franziska Brantner ist neue Co-Vorsitzende der deutschen Grünen. Die Delegierten beim Bundesparteitag in Wiesbaden wählten die Parlamentarische Staatssekretärin im deutschen Wirtschaftsministerium am Samstag mit 78,15 Prozent der Stimmen für eine Amtszeit von zwei Jahren. Sie gehört dem Realo-Flügel ihrer Partei an. Eine Gegenkandidatin Brantners aus Bayreuth erhielt 14,44 Prozent. Es gab 4,2 Prozent Nein-Stimmen und 3,21 Prozent Enthaltungen.

Deutschland brauche mehr Investitionen, sagte Brantner in ihrer Bewerbungsrede. Und: "Den Gürtel enger schnallen bringt halt nichts, wenn die Hose schon fehlt." Sie verteidigte das Deutschland-Ticket und kündigte an, für die weitere Förderung klimafreundlicher Heizungen wie Wärmepumpen zu kämpfen.

Gegen die politische Konkurrenz teilte Brantner aus. So warnte sie mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl vor einer "weiteren Stillstands-Groko". CDU-Chef Friedrich Merz warf sie in ihrer bejubelten Rede einen antiquierten Blick auf Frauen vor und forderte: "Schluss mit diesem Dinosaurier-Denken!" BSW-Chefin Sahra Wagenknecht nannte sie eine "pseudo-sozialistische Spitzenverdienerin", die den Grünen besser nicht vorwerfen solle, eine Partei für die Besserverdienenden zu sein.

Posten im Wirtschaftsministerium

Ihren Posten im deutschen Wirtschaftsministerium von Robert Habeck behält die 45-Jährige bis auf Weiteres. Aufgrund der vorgezogenen Neuwahl habe die Regierung in Berlin beschlossen, keine Stellen Parlamentarischer Staatssekretäre mehr nachzubesetzen, sagte Brantner der Deutschen Presse-Agentur. "Robert Habeck hat mich deshalb gebeten, bis zum Ende der Legislaturperiode noch im Amt zu bleiben, damit die Geschäfte ordnungsgemäß geführt werden können. Dieser Verantwortung stelle ich mich für die restlichen Wochen." Die Bundestagswahl ist für den 23. Februar angesetzt.

Brantner ist seit 2013 Bundestagsabgeordnete - nach mehreren Jahren als Europaabgeordnete. Sie kommt aus Baden-Württemberg, studierte in Paris und New York und hat einen Doktortitel in Sozialwissenschaften von der Universität Mannheim.

Grüne wollen Neuanfang

Die deutschen Grünen wollen bei ihrem Parteitag einen Neuanfang einläuten und für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf Kraft tanken. Als unbestrittene Favoriten für den Co-Parteivorsitz galten Brantner und Felix Banaszak. Die Posten waren vakant geworden, weil sich das bisherige Duo, Ricarda Lang und Omid Nouripour, Ende September entschlossen hatte, frühzeitig aufzuhören.

"Bei Wind, bei Wetter, bei Eis und bei Schnee" werde man einen Wahlkampf führen, der "knallgrün" sein werde, versuchte die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Freitagabend, die mehr als 800 Delegierten in Wiesbaden zu motivieren. Für den Samstagabend steht eine Debatte von zehn Anträgen auf dem Programm, die an der Grünen-Basis den meisten Zuspruch erfuhren und deswegen zur Abstimmung gestellt werden. Dabei geht es unter anderem um die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, ein Tempolimit und eine liberalere Migrationspolitik. Zur Diskussion steht auch ein Antrag, in dem die aktuellen stationären Kontrollen an den deutschen Landgrenzen abgelehnt werden.

Trumps "Kabinett des Grauens"

Der künftige US-Präsident Donald Trump "und sein Kabinett des Grauens" stünden für die Abwicklung all dessen, was die Grünen wollten, rief Roth den Delegierten zu. Markus Söder bezeichnete sie als "Brandbeschleuniger", der ständig gegen die Grünen hetze. Der bayrische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende hat mehrfach eine Koalition von Union und Grünen nach der nächsten Bundestagswahl ausgeschlossen.

Der deutsche Wirtschaftsminister Habeck betonte, es sei jetzt müßig, auf die Zeit der Ampel-Regierung zurückzublicken. "Es gibt keine FDP, und es gibt auch keinen Christian Lindner mehr in der Regierung", sagte er. Wichtiger sei es für die Grünen nun, auf die nächsten Wochen bis zum geplanten Wahltermin am 23. Februar zu schauen. Er hob die aus seiner Sicht einzigartige Rolle der Grünen hervor. "Diese Partei hat eine Aufgabe: den Unterschied zu markieren, diesem Land Orientierung zu geben." Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte, der Parteitag sei vor dem anstrengenden Wahlkampf ein Ort für "das gegenseitige Krafttanken".