Die Angst vor Putins langem Arm ist groß
Von Evelyn Peternel
Desinformation, Hacker-Angriffe, Einmischung in den Wahlkampf: Die Liste an Befürchtungen, die deutsche Politiker derzeit mit Blick auf Moskau formulieren, ist lang. Seit bekannt wurde, dass sich der Kreml möglicherweise in den US-Wahlkampf eingemischt hat, geht die Angst vor Putins langem Arm um.
Auffällig still sind dabei allerdings Linkspartei und AfD. Während die Linke historisch bedingt gute Verbindungen nach Moskau pflegt, ist die Freundschaft zwischen Rechtspopulisten und Kreml noch jung. Sie wird auch nicht offensiv kommuniziert: Ein derart offenes Verhältnis mit Putin – wie etwa der Front National es hat, der einen Millionenkredit aus Russland erhielt –, hat die AfD nicht. Sie ist vielmehr über Thinktanks mit Russland in Kontakt, die nach außen hin unpolitischer Freundschaftspflege dienen.
Querfront
Ob der Zweck aber nicht doch ein politischer ist, bleibt fraglich. Das "Tolstoi-Institut" in Berlin, das laut Vereinssatzung eng an die russische Botschaft gekoppelt ist, dient etwa offiziell dem Kulturaustausch; im Vorstand sitzt jedoch ein Mitglied der rechtsextremen Partei "Pro Deutschland", wie das ZDF eruiert hat – sie wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Eine interne Facebook-Gruppe des Instituts listet zudem Pegida-Gründerin Kathrin Oertel, AfD-Politikerin Beatrix von Storch und den Linken-Bundestagsabgeordneten Diether Dehm auf. Diese eigenwillige Verbindung zwischen links und rechts, auch Querfront genannt, brachte ihm Rücktrittsforderungen aus der eigenen Partei ein.
Ähnlich ist der Fall beim "Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit" in München, dessen Sprecher der Deutschrusse Jurij Kofner ist. Er verfügt laut Eigenangaben nicht nur über gute Kontakte nach Moskau, wie Fotos mit Außenminister Lawrow nahelegen, sondern kooperiert auch mit dem AfD-nahen "Institut für Staatspolitik", das wiederum Kontakte zu den Identitären unterhält, wie die ARD herausgefunden hat. Zudem tritt er als Reporter des Compact-Magazins in Erscheinung – das Heft gilt neben der Jungen Freiheit als publizistischer Arm der AfD.
Hassobjekt Merkel
Die Zeitschrift um Herausgeber Jürgen Elsässer, der in den 1990ern noch für linke Magazine schrieb, inszeniert Kanzlerin Merkel gerne als Hassobjekt – ihr wird latent der Plan eines "Bevölkerungsaustauschs" unterstellt. Ihre Wiederwahl sei es auch, die Putin verhindern will, sagt Osteuropa-Experte Jakub Janda in der Bild-Zeitung: Er prognostiziert "fokussierte Angriffe" auf sie, weil sie gegen die "russische Aggression" stehe; dazu eine Welle an Cyberattacken und Fake News – davor hat nun auch der BND gewarnt.
Wie damit umzugehen ist, daran scheiden sich die Geister. Aus der CSU kommt der Ruf nach einem Straftatbestand für Fake News; schon die Einordnung ist aber schwierig: Als Lawrow kürzlich vorgeworfen wurde, Russland verbreite Fake News, meinte er, dies sei Unsinn – das habe selbst Angela Merkel gesagt. Allein: Eine solche Aussage ist nicht bekannt.