Das erste TV-Duell: Höhepunkt oder Tiefpunkt des US-Wahlkampfs?
Von Irene Thierjung
Die Spannung könnte kaum größer sein. Heute, Montag, beginnt die heißeste Phase des US-Wahlkampfs mit dem ersten TV-Duell zwischen Hillary Clinton und Donald Trump. Bis zu 100 Millionen Zuseher – ein Drittel der Bevölkerung – wollen laut Experten live dabei sein, wenn die zwei so unterschiedlichen Kandidaten um 21 Uhr Ortszeit (03:00 Uhr MESZ) aufeinander treffen.
Auch frühere TV-Konfrontationen wurden mit Spannung erwartet, bergen sie doch im Gegensatz zu streng durchchoreografierten Wahlkampfauftritten laut Experten stets „das Gefühl der Gefahr und die Ungewissheit des Ausgangs“. Das Duell Clinton/Trump in der Hofstra University im Bundesstaat New York verspricht angesichts der totalen Unberechenbarkeit des Republikaners ein Maximum davon.
Ex-Geliebte
Die Frage, die sich die Amerikaner heute wohl am meisten stellen, lautet: „Wird er es tatsächlich machen?“ Trump hatte am Wochenende via Twitter angedroht, eine frühere Geliebte von Clintons Eheman Bill mit zum TV-Duell zu nehmen. Er reagierte damit auf die Ankündigung eines milliardenschweren Geschäftsmanns und lautstarken Trump-Gegners, er werde beim Duell in der ersten Reihe sitzen. „Wenn der bekloppte Mark Cuban in der ersten Reihe sitzt, werde ich vielleicht Gennifer Flowers daneben setzen“, twitterte Trump erbost. Seine Wahlkampfmanagerin teilte später mit, es gebe keine "förmliche" Einladung an Flowers - auch wenn diese nach eigenen Angaben gerne zum Duell kommen würde.
Bill Clintons Liebesabenteuer sind nur einer der vielen Fallstricke in Hillary Clintons Wahlkampf, die Trump immer wieder gerne aufgreift. Auch die sogenannte eMail-Affäre (Clinton hatte als US-Außenministerin einen privaten Server für dienstliche Mails benutzt) und ihre angeblichen gesundheitlichen Probleme sind Lieblingsthemen von Trump. Dass Clinton oft nur nach und nach mit der ganzen Wahrheit herausrückt, wie im Fall ihres Schwächeanfalls infolge einer Lungenentzündung am 11. September, spielt Trump in die Hände – wobei er selbst bekanntermaßen mit der Wahrheit auf Kriegsfuß steht.
Wahlempfehlung
Knapp sechs Wochen vor dem Urnengang steht für Clinton viel auf dem Spiel. Ihr Vorsprung in den Umfragen ist von acht Prozentpunkten im August auf zwei bis vier Prozentpunkte gefallen. Und ein Drittel ihrer Befürworter will sie nur wählen, um Trump zu verhindern und nicht aus Überzeugung – was für die Wähler des Immobilientycoons allerdings auch gilt. Vielleicht hilft Clinton die explizite Wahlempfehlung, die die renommierte New York Times nun für sie ausgesprochen hat. Vielleicht hilft diese aber auch Trump. Immerhin wettert dieser gerne, Clinton sei Teil des Polit-Establishments, das sich gegen die „kleinen Leute“ verschworen habe – und dazu zählt Trump auch die New York Times.