Chefposten im US-Kongress: Republikaner Jordan gescheitert
Der Republikaner Jim Jordan ist bei der Wahl zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses im ersten Anlauf gescheitert. Aufgrund von Gegenstimmen aus seiner eigenen Fraktion kam der Vertraute des früheren US-Präsidenten Donald Trump bei der Abstimmung am Dienstag nicht auf die nötige Mehrheit. Er verfehlte eindeutig die erforderliche Mehrheit von 217 Stimmen. Jordan könnte aber versuchen, sich in weiteren Wahlgängen durchzusetzen.
Neben den Demokraten stimmten auch 20 Republikaner gegen den 59-jährigen Rechtsaußen-Hardliner, der die Nachfolge des vor zwei Wochen abgesetzten Vorsitzenden Kevin McCarthy antreten will. McCarthy hatte bei seiner Wahl im Jänner 15 Durchgänge gebraucht, um das dritthöchste Staatsamt zu erringen. Er wurde nur neun Monate später im Zuge einer Rebellion des Rechtsaußen-Flügels seiner Partei als erster Vorsitzender der Kammer der US-Geschichte abgesetzt.
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Zu rechts, zu aggressiv
Bei der chaotischen Suche nach einem Nachfolger wurde der von Trump unterstützte Jordan am vergangenen Freitag von der Republikaner-Fraktion nominiert. Am Vortag hatte der zunächst von der Fraktion nominierte republikanische Mehrheitsführer Steve Scalise das Handtuch geworfen, nachdem klar geworden war, dass er im Plenum die notwendige Mehrheit verfehlen würde.
Eine fehlende Mehrheit hatte sich auch bei Jordan bereits im Vorfeld der Abstimmung am Dienstag abgezeichnet. Bei vielen moderaten Republikanern gibt es große Vorbehalte gegen den derzeitigen Vorsitzenden des einflussreichen Justizausschusses des Repräsentantenhauses, der für scharf rechte Positionen und einen aggressiven Politikstil bekannt ist.
Die Republikaner stellen derzeit 221 Abgeordnete, die Demokraten 212. Weil bei der Abstimmung am Dienstag ein Republikaner fehlte, hätte sich Jordan nur drei Abweichler leisten können. Es verwehrten ihm dann deutlich mehr Parteikollegen die Unterstützung.
Der Streit bei den Republikanern hat weitreichende Folgen: Ohne Vorsitzenden ist das Repräsentantenhaus weitgehend gelähmt. Damit kann der Kongress unter anderem keine weiteren Militärhilfen für das von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas angegriffene Israel und die von Russland angegriffene Ukraine beschließen. Den USA droht zudem Mitte November ohne Lösung im Haushaltsstreit ein sogenannter Shutdown.
Der bisherige Vorsitzende der Parlamentskammer, Kevin McCarthy, war Anfang Oktober in einer historischen Abstimmung von dem mächtigen Posten abgewählt worden. Radikale Republikaner hatten ihn aus dem Amt getrieben. Es war das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses auf diesem Weg seinen Job verlor. Das Amt kommt in der staatlichen Rangfolge der Vereinigten Staaten an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize.
Das Drama bei den Republikanern im Repräsentantenhaus hat das US-Parlament vorerst weitestgehend zum Stillstand gebracht. Denn bis ein neuer Vorsitzender der Kammer bestimmt ist, liegt die gesetzgeberische Arbeit dort zum größten Teil brach - und das mitten in einer Zeit großer internationaler Konflikte in der Ukraine und in Israel, die die Aufmerksamkeit des US-Parlaments bräuchten. Der Kongress hat unter anderem über weitere mögliche Hilfen für Kiew zu entscheiden, wie auch über einen Bundeshaushalt insgesamt. Vorerst ist nur ein Übergangshaushalt bis Mitte November beschlossen, in dem keine Unterstützung für Kiew enthalten ist.
Zersplitterte Fraktion
Die republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus ist extrem zersplittert und nur schwer auf einen Nenner zu bringen. McCarthy schaffte es im Januar erst im 15. Wahlgang auf den Vorsitzenden-Posten. Nach dessen Abwahl bestimmte die Fraktion zunächst den rechtskonservativen Steve Scalise als möglichen McCarthy-Nachfolger. Doch Scalise konnte sich in den eigenen Reihen nicht die nötige Mehrheit sichern und zog seine Kandidatur noch vor einer Abstimmung im Plenum zurück.
Die Republikaner haben im Repräsentantenhaus nur eine dünne Mehrheit. Deshalb haben republikanische Abweichler bei Abstimmungen ein machtvolles Druckmittel in der Hand. Die Fraktion stellt derzeit 221 Sitze in der Parlamentskammer, die Demokraten haben 212 Sitze. Für eine Mehrheit hätte Jordan 217 Stimmen benötigt. Er konnte sich also nur vier Abweichler in den eigenen Reihen leisten - es stellten sich aber 20 Parteikollegen gegen ihn. Auf Stimmen der Demokraten von US-Präsident Joe Biden konnte Jordan bei dem Votum nicht zählen.
Der Abgeordnete aus Ohio gehört zum rechten Rand der Fraktion, vertritt extreme Positionen und steht seit Jahren stramm an der Seite Trumps. Der Ex-Präsident hatte vor der Abstimmung offensiv für Jordan geworben. Die Demokraten dagegen hatten vor dem Votum gewarnt, es würde eine "schreckliche Botschaft" aussenden, wenn das Repräsentantenhaus einen Befürworter eines landesweiten Abtreibungsverbotes, einen Wahlleugner und einen Insider der Attacke auf das US-Kapitol zum Vorsitzenden der Kammer mache.