Politik/Ausland

Biden setzt Siegeszug bei Vorwahlen der US-Demokraten fort

Der US-Präsidentschaftsbewerber Joe Biden hat bei den Vorwahlen der oppositionellen Demokraten seinen Siegeszug fortgesetzt. Der frühere Vizepräsident gewann laut Prognosen am Dienstag in den Bundesstaaten IdahoMichigan, Mississippi und Missouri gegen seinen linksgerichteten Rivalen Bernie Sanders. Ergebnisse aus den Bundesstaaten North Dakota und Washington standen zunächst aus.

Michigan kam bei dieser Vorwahlrunde die zentrale Rolle zu: Dort wurden 125 und damit besonders viele der Parteitagsdelegierten vergeben, die im Juli den Präsidentschaftskandidaten nominieren werden. Insgesamt wurde am Dienstag in den sechs Bundesstaaten über 352 der 3.979 Delegierten entschieden. Sie werden proportional zum Wahlergebnis der Bewerber verteilt. Insgesamt geht es hier um etwa neun Prozent aller regulären Parteitagsdelegierten. Angesichts der vergleichsweise vielen zu verteilenden Stimmen wurde der Vorwahltag auch "Mini Super Tuesday" genannt.

77-Jähriger gilt mittlerweile als Favorit

Biden ist seit seinem Erfolg beim Superwahltag "Super Tuesday" vor einer Woche Favorit für die Präsidentschaftskandidatur. Der 77-jährige Mitte-Politiker hatte am Super-Dienstag zehn von 14 Bundesstaaten für sich entschieden. Der einstige Stellvertreter des früheren Präsidenten Barack Obama könnte seinen Vorsprung auf den linksgerichteten Senator Sanders nun entscheidend ausbauen.

Schätzungen zufolge hatte Biden vor den sechs Vorwahlen vom Dienstag bereits 670 Delegiertenstimmen gewonnen, Sanders 574. Um zum Herausforderer von Präsident Donald Trump gekürt zu werden, braucht ein Bewerber beim Nominierungsparteitag der Demokraten im Juli im ersten Wahlgang mindestens 1.991 Delegiertenstimmen.

Politische Erfahrung

Der 77-jährige Biden war 36 Jahre lang Senator für den Bundesstaat Delaware und diente Präsident Barack Obama zwischen 2009 und 2017 acht Jahre lang als Stellvertreter. Der 78-jährige Sanders wurde 1991 als Abgeordneter ins US-Repräsentantenhaus gewählt. Seit 2007 vertritt er den Bundesstaat Vermont im Senat.

Politische Positionen
Sanders bezeichnet sich selbst als „demokratischen Sozialisten“, der mit linken Positionen eine „politische Revolution“ verspricht. Der mit den Demokraten verbündete Unabhängige will unter anderem eine gesetzliche Krankenversicherung für alle US-Bürger, höhere Steuern für Reiche und kostenlose Hochschulbildung. Biden dagegen ist ein klassischer Vertreter der politischen Mitte, der sich für moderate Reformen stark macht. So will der Ex-Vizepräsident bestehende Krankenversicherungen ausbauen, nicht wie Sanders alle Privatversicherungen abschaffen. Biden setzt zudem auf eine Zusammenarbeit zwischen Demokraten und Republikanern.

Unterstützer und Wähler

Biden hat im moderaten Flügel der demokratischen Partei - Sanders würde sagen: im „demokratischen Establishment“ - breite Unterstützung. So haben sich mehrere ausgeschiedene Präsidentschaftsbewerber hinter ihn gestellt, unter anderen der Multimilliardär Michael Bloomberg, die Senatorin Amy Klobuchar und Ex-Bürgermeister Pete Buttigieg. Bei den Wählern hat Biden großen Rückhalt unter anderem bei Afroamerikanern, Arbeitern, älteren Wählern und Frauen. Sanders dagegen kann bei jungen Wählern, Hispanos und unabhängigen Wählern punkten. Auch in der Demokratischen Partei hat er Anhänger, darunter die bekannten linken Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez und Ilhan Omar.

Auftreten

Sanders wirbt mit großer Leidenschaft für sein Kernanliegen sozialer Gerechtigkeit und begeistert damit seine Anhänger. Mit dröhnender Stimme bringt er seine Botschaft unters Volk; die Gesten, mit denen er seine Argumente unterstreicht, sind längst Kult. Bequem und angepasst will Sanders nicht sein: Oft wirkt er grantig und mürrisch, er ist zudem als kompromisslos und stur verschrien. Biden dagegen ist ein Kumpeltyp, der Wärme ausstrahlt und die Nähe zu Wählern sucht, ein Politik-Charmeur alter Schule. Sein Lächeln ist eines seiner Markenzeichen, für Selfies mit seinen Anhängern steht Biden stets bereit. Der Ex-Vizepräsident tritt betont locker auf - allerdings wirkt er manchmal fahrig. Ihm fehlt Sanders Intensität und die Fähigkeit, seine Zuhörer mit einer Vision mitzureißen.

Alter und Gesundheit

Sowohl der 77-jährige Biden als auch der 78-jährige Sanders wären die ältesten Präsidentschaftskandidaten einer der beiden großen Parteien in der US-Geschichte. Sie lassen selbst den 73-jährigen Amtsinhaber Donald Trump fast jung aussehen. In den kommenden Monaten wird sich immer wieder die Frage stellen, ob die beiden Demokraten fit genug für das anstrengende Präsidentenamt sind. Sanders musste sich im vergangenen Oktober nach einem Herzinfarkt zwei Stents einsetzen lassen. Den Wahlkampf nahm er bald darauf wieder auf und wirkte dabei energiegeladen wie eh und je. Biden wiederum sorgt immer wieder mit Versprechern und Aussetzern für Aufsehen. Das war auch in jüngeren Jahren schon so. Allerdings fällt bei TV-Debatten und Wahlkampfauftritten auf, wie schnell Biden den Faden verlieren kann.

Siegeschancen gegen Trump
Umfragen zufolge könnten sowohl Biden als auch Sanders Trump im November besiegen. Solche Umfragen sind acht Monate vor der Präsidentschaftswahl aber mit großer Vorsicht zu genießen. Sanders reklamiert für sich, Wähler mit einem Wahlkampf der Energie und Emotionen mobilisieren zu können. Biden baut mehr auf eine breite Wählerkoalition der Mitte.

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Nur noch Biden und Sanders 

Rund um den Super-Dienstag waren außer Biden und Sanders alle anderen wichtigen Präsidentschaftsbewerber der Demokraten aus dem Rennen ausgestiegen. Die meisten haben sich seither hinter Biden gestellt. Bei den Demokraten halten viele den selbst ernannten "demokratischen Sozialisten" Sanders für zu links, um die Präsidentschaftswahl im November gegen Trump gewinnen zu können. Am Dienstagabend stellte sich der Mitte Februar aus dem Präsidentschaftsrennen ausgestiegene Unternehmer Andrew Yang hinter Biden.

Für Sanders ist die sich in Michigan abzeichnende Schlappe besonders bitter: Der heute 78-Jährige hatte in dem industriell geprägten Bundesstaat im Mittleren Westen bei den Vorwahlen 2016 noch gegen seine Rivalin Hillary Clinton gewonnen. Clinton setzte sich aber schließlich gegen Sanders durch - und verlor die Präsidentschaftswahl gegen den Republikaner Trump, der unter anderem in Michigan siegte.

Wichtige Staaten

Michigan ist ein "Swing State", bei dem das Rennen zwischen Demokraten und Republikanern traditionell knapp ausfällt. Bei der Präsidentschaftswahl im November dürfte dem Bundesstaat wieder eine Schlüsselrolle zufallen.

Die Vorwahlen der Demokraten finden unter dem Eindruck der sich auch in den USA verschärfenden Coronavirus-Krise statt. Sowohl Biden als auch Sanders sagten für Dienstagabend geplante Auftritte in Cleveland im Bundesstaat Ohio ab. Zur Begründung nannten ihre Wahlkampfteams Bedenken der Behörden hinsichtlich größerer Menschenansammlungen.

In Ohio wird am Dienstag kommender Woche gewählt. Dann halten die Demokraten auch Vorwahlen in den Bundesstaaten Arizona, Florida und Illinois ab. Eine TV-Debatte zwischen Biden und Sanders am kommenden Sonntag wird, ebenfalls wegen des Coronavirus, ohne Publikum ausgetragen.

In den USA wurden nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität bereits mehr als 950 Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt. Mindestens 28 Menschen starben demnach.

Bei den Republikanern, die am Dienstag ebenfalls Vorwahlen zur Bestimmung ihres Präsidentschaftskandidaten abhielten, stand das Ergebnis quasi schon fest: Amtsinhaber Donald Trump hat parteiintern keine ernst zu nehmende Konkurrenz. Er erklärte sich am Morgen zum Sieger.